Update: Dieser Text erschien im Oktober 2010 in einer überarbeiteten Version auch im Portal Rückenhelfer.com. Wer also wissen möchte, ob ich meine Rückenschmerzen erfolgreich in den Griff bekommen habe – dort steht es.

Seit knapp drei Monaten ist alles anders. Dieser Satz klingt eigentlich viel zu banal für seine ganze schmerzhafte Tragweite, aber bitte: Begonnen hat die ganze Geschichte mit einer zünftigen Lungenentzündung, in deren Folge ich das Rauchen zuerst gänzlich abgeschafft und dann kürzlich in homöopathischen Dosen wieder eingeführt habe. Das hat dann – sicher nicht ursächlich, aber irgendwie passt das besser zur Endzeitstimmung – alles in einem gemeinen Rückenschmerz geendet, der sich so lange ignorieren und halbherzig bekämpfen ließ, bis der Weg aus dem Bett zur fast unlösbaren Aufgabe geriet (während der man übrigens in einigen Momenten wie im Groschenroman beschrieben sein Leben an sich vorbei ziehen sieht) und die Linderung vor allem darin bestand, sich über den Esstisch zu hängen. Ja, richtig geraten, alles sehr demütigend. Aber immerhin weiß ich nun, wie sich der von Peter Fonda gespielte Imker im weltbesten Film über Honigbienen, „Ulee’s Gold“, fühlt, wenn er auf dem Boden seines Hauses liegt und wartet, bis er endlich wieder gehen kann.

So kurz vor dem 33. Geburtstag als Krüppel herum zu schlurfen, macht jedenfalls keine große Freude. Vor allem, weil es einem viel Zeit zum Nachdenken beschert. Und da gehen die virtuellen Planspiele vor allem in eine Richtung: Das Früher ist vorbei, das Heute sieht anders aus – und ob es einem gefällt, wird im Wesentlichen vom Faktor bestimmt, wie lange man noch aufrechten Ganges durchs Leben gehen möchte. Eine Sackgasse also.

Nur kurz zur Erläuterung das Früher, von dem hier die Rede ist: In dieser Ära fängt der relevante Teil des Körpers beim Scheitel an, endet beim Kinn und ist bis zu den Zehen – abgesehen von der logischen Ausnahme in Lendengegend – nur eine Art Trägermedium fürs Gehirn. Er trägt es in Lokale, in denen Alkohol ausgeschenkt wird, er trägt es zu Schreibtischen, an denen sich Geld verdienen lässt, er trägt es ins Bett, wenn es an einem der beiden Orten zu viel Zeit verbracht hat.

Die Zwischenphase zum Heute, wo jeder Missbrauch des Trägermediums namens Körper immer mehr zu spüren war, ging noch irgendwie. Doch vor allem ging sie in den vergangenen drei Monaten endgültig vorbei. Ich sehe da jedenfalls schon ein paar der sportlichen Besserwisser grinsen, wenn ich demnächst regelmäßig einen aufgemascherlten Fitnesstempel wegen eines Kurses besuche, der angeblich meine Rückenmuskulatur in Stahl verwandeln soll.

Und ich weiß auch schon, was ich den Grinsern an Argumenten entgegenwerfe: „Ha! Euer scheiß Fußball, euer scheiß Tennis oder euer scheiß Marathontraining hätten mir überhaupt nichts gebracht, weil es mit dem damit einher gehenden Gelenksverschleiß wohl auch nur mein Kreuz ruiniert hätte. Ha!“

So betrachtet haben die fitten Krüppel und ich nämlich etwas gemeinsam: Wir sind alle gleich marod. Allerdings mit dem höchst befriedigenden Unterschied, dass ich für diesen Zustand in den vergangenen 33 Jahren freiwillig keine Minute an Mannschaftssport oder sonstige Dummheiten vergeudet habe.
Und hiermit empfehle ich mich zum Esstisch.