beijingSchon absurd: Jetzt, wo die Olympischen Spiele in China ausgerichtet werden, eines mit unseren Augen besehen sehr unsympathischen und autoritären Staates, dessen Umgang mit Tibet nur ein Bruchteil seiner Grauslichkeiten ist, wird wieder das alte Argument bemüht, dass die Spiele nicht der Politik, sondern den Sportlern gehören. Derartige Formulierungen ringen sich westliche Staatsoberhäupter ab, wenn sie dieser Tage zur Causa gefragte werde. Das sagte der Adidas-Manager Herbert Hainer (seine Firma stattet China und 15 weitere Nationen aus) im aktuellen Spiegel und knüpfte daran die Festellung, dass Demonstranten, die den Fackellauf stören, bloß ihre Meinungsfreiheit missbrauchen. Und Boykott, meine Güte, das wäre ja den Sportlern gegenüber wirklich unfair.
Interessant in diesem Zusammenhang wäre die Frage, was der chinesische Staatspräsident Hu Jintao von dieser Sicht der Dinge hält. Er würde sie wohl bejahen. Und er kann ja dabei auf gut abgehangene Argumente zurück greifen. Der Sport hat nämlich bitteschön nie der Politik gehört.
Nicht, wenn sich Österreichs Sportstaatssekretär Reinhold Lopatka mit ÖFB-Präsident Friedrich Stickler im Vorfeld der EURO den päpstliche Segen holt.
Nicht, wenn wie weiland 1972 Karl Schranz vom Balkon des Kanzleramts rund hunderttausend Menschen zuwinkt, weil er wegen eines Regelverstoßes knapp vor Beginn der Olympischen Winterspiele 1972 in Sapporo ausgeschlossen worden ist.
Nicht, wenn wie während des Kalten Kriegs Sportler im Osten zu Superathleten hochgespritzt worden sind, um es den degenerierten imperialistischen Mächten im Westen zu zeigen – eine besonders gerne für Olympische Spiele angewandte Praxis.
Und natürlich war das auch nicht so, als der Afroamerikaner Jesse Owens bei den Olympischen Spielen in Berlin – übrigens der ersten Veranstaltung, der ein Fackellauf voran ging – vier Goldmedaillen gewann. Es muss wohl Zufall gewesen sein, dass dessen Siege in Nazi-Deutschland wenig später als willkommene und politisch gedeutete Symbole von amerikanischer Seite dienten.
Nein, Olympia gehört wie jede Veranstaltung dieser Art, die um viel Geld auf der ganzen Welt im Fernsehen übertragen wird, natürlich ganz allein dem sportlichen Wettkampf und den Sportlern. Diesen reinen Wesen, die sich aneinander messen und damit die Welt zu einem besseren Ort machen. Friede, Freude, Fackellauf – und sollte jemand anderer Meinung sein, dann hilft wohl wirklich nur der Schlagstock, um den richtigen Umgang mit der Meinungsfreiheit zu lehren.
Lassen wir uns diese Fakten doch wirklich am besten von Hu Jintao bestätigen. Wie sagte er vor einem Monat sinngemäß bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Mahinda Rajapakse: Durch die Unterstützung der Weltgemeinschaft sei China zuversichtlich, dass es alle Sabotageakte zurückdrängen und so erfolgreiche Olympische Spiele veranstalten könne.
In diesem Sinne beuge ich mich selbstverständlich der Weltgemeinschaft und gelobe keine Sabotageakte mehr zu tun.