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Mei, waren das Zeiten, als Leute wie Luther und Zwingli noch an einem Tisch gestanden sind, um zu diskutieren ...

Statt über den Inhalt zu reden, wird die Diskussion ums Internet-Manifest zusehends persönlich. Warum eigentlich?

Seit eine Handvoll deutsche Blogger das Internet-Manifest online stellte (Es ist der Vollständigkeit halber auch auf ZiB21 zu lesen), werden dessen 17 Thesen und Behauptungen eifrig diskutiert. Bloß: Über die Tage geht’s immer weniger um den Inhalt, und immer mehr um persönliches Hickhack. Komisch, ist aber so.

Trotzdem erlaubt die Diskussion ein paar Erkenntnisse:

Die Netzgemeinde, an die sich das Manifest richtet, ist hochkritisch und streitbar bis ins letzte Detail, nachzulesen etwa an einer simplen Hashtag-Suche auf twitter.

Die Netzgemeinde lässt sich nicht leicht instrumentalisieren, auch wenn etwas gut gemeint ist. Gut gemeint ist bekanntlich das Gegenteil von gut, was zum nächsten Punkt führt.

Die Autoren des Manifestes enthalten sich bisher weitgehend den Kommentaren, was sie unter den Generalverdacht stellt, sie entzögen sich der Diskussion. So wird das gut Gemeinte noch schlechter. Zumindest in der äußeren Wahrnehmung, weil die einseitige Diskussion schnell den Inhalt verschleiert.

Die Netzgemeinde stellt gerne Persönliches vor Sachliches, etwa durch die Verunglimpfung des Textes als „Berliner Manifest“ – als täte es bei aller Kritik irgend etwas zur Sache, woher die Leute dahinter kommen. Und als wäre es eine neue Erkenntnis, dass auch bei kollaborativen Entwicklung im Netz persönliche Bekanntschaften vor den virtuellen kommen.

Und zuletzt kocht auch das alte Missverständnis zwischen klassischem Journalismus und Web 2.0 wieder hoch. Denn natürlich geht das Internet Manifest davon aus, dass die Grenzen zwischen Profi und Amateur zusehends aufgehoben werden. Das wollen vor allem analog sozialisierte Medienproduzenten nicht wahr haben. Dabei wäre es doch so einfach: Die Amateure tun es doch schon. Sie schreiben Rezensionen auf Amazon, sie schreiben über ihre Autos, sie kritisieren Produkte, sie diskutieren über Gott und die Welt. Und in Wahrheit sind sie dabei mindestens ebenso kritisch wie professionelle Journalisten – wenn nicht sogar kritischer, weil sie um keinen Job fürchten müssen, der letztlich von Anzeigenkunden finanziert wird. Das tut einem Journalisten wie mir selbstverständlich auch weh. Aber akzeptieren muss ich es trotzdem.

Genauso wie die Tatsache, dass das Internet Manifest nicht der Humbug ist, als der es gerade hingestellt wird.

PS: Die Erkenntnis zu Amateuren und Profis stammt übrigens nicht zu hundert Prozent von mir, sondern aus einer Unterhaltung mit diesem klugen Herren. Womit dem Zitieren auch Genüge getan wäre. Eigentlich ungerecht, dass sich persönliche Gespräche nicht verlinken lassen, oder?