Foto: Eberhard Lauth

Nur ist der falsche Ort nicht jener, den Ja, Panik hier in diesem Punk-Text unter Wien und Österreich verstehen – auch wenn sie in ihrer Hass, Hass, Hass-Tirade in der aktuellen Ausgabe des Datum in vielen Punkten recht haben. Aber es wäre leider zu schön, wenn sich der falsche Ort hier bloß darüber definiert, dass das Land seine großen Künstler missachtet.

Das Falsche ist der Common Sense eines überalterten und verdummten Landes, das Bildung hasst und Geschichte ablehnt. Eines Landes, das so lange kriminelle Ausländer herbei fantasiert hat, dass es sich nun endlich vor ihnen zu Tode fürchten kann. Eines Landes, das von Menschen regiert wird, die diesem Common Sense nicht mit kluger Politik gegensteuern, sondern ihn bedienen, um wiedergewählt zu werden – egal, welcher Farbe und Weltanschauung die Ställe einmal waren, aus denen sie stammen. Und der Morast, der daraus entsteht, wird dieser Tage aus drei Gründen besonders tief.

Da wäre einmal der mögliche zweite Abschiebungsversuch von Arigona Zogaj. Da wäre die Innenministerin Maria Fekter und ihre Posse ums geplante Asylzentrum in Eberau im Burgenland. Und da wäre ein Trafikant in Wien, der in „Todesangst“ (Kronen Zeitung) einen Räuber erschießt. Und in allen Fällen wird so gehandelt und lamentiert, dass einem das Speiben kommt.

Arigona Zogaj wird nicht als Beispiel für eine offensichtlich fehlfunktionierende Asylpolitik verstanden, sondern als Anlass zu Law and Order um jeden Preis, auch wenn er noch so hoch ist. Gesetz ist Gesetz, sagen sie, die österreichischen Idioten. Da kann man nichts machen, sagen sie. Und dass sie das oft auch als eigentlich humanistisch gebildete Menschen im näheren Umfeld sagen, tut doppelt weh.

Fekter nutzte am Mittwoch die Plattform, die ihr der Kurier bot, um zu erklären, dass sie eine harte Lady ist, die weiß, wann durchzugreifen ist – nämlich immer dann, wenn Österreicher bedroht werden, egal ob durch Rechtsbrecher wie Arigona Zogaj oder den auf der Straße verendeten Trafikräuber. „Wir sind kein Selbstbedienungsladen“, sagte sie und sprach damit den österreichischen Idioten aus der Seele, die in ihren hässlichen Häusern hocken, und sich davor fürchten, dass ihnen jemand ihre hässlichen Fernseher stiehlt, die sie um viel Geld gekauft haben, das sie eigentlich gar nicht haben.

Und den absurden Blödsinn, in den ich vorgestern Abend bei einer Fernsehdiskussion auf Puls 4 gestoßen bin – Georg Zakrajsek, Vorstandsmitglied einer Interessensgemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich erklärte darin, dass nur Bewaffnung gegen steigende Kriminalität helfe – will ich gar nicht mehr erwähnen. Ich kannte diesen Mist schon, von einem Grillabend vor ein paar Jahren in der oberösterreichischen Provinz. Da hatten mir zwei stark alkoholisierte Kerle erklärt, was sie alles an Gewalt gegen diese Einbrecher anwenden täten, wenn sie nur dürften. Österreichische Idioten auch sie. Und in diesem Fall fällt es mir besonders schwer, das zu sagen.

Was bleibt da als Alternative? Weggehen wie Ja, Panik und dann aus sicherer Entfernung einen großen, dampfenden Haufen drauf? Sicher, das klingt logisch. Doch abgesehen von vielen persönlichen Gründen, die dagegen sprechen, wäre es auch die feigste Lösung.

Schon allein der Fall Arigona Zogaj darf so nicht hingenommen werden. Das verbieten schlicht Moral und Anstand. Und das verbietet auch die Hoffnung auf Veränderung. Wenn eine bald 18jährige schon so viel Emotionen erregt, von Hass bis Mitgefühl, taugt sie als Symbol. Sie kann die Menschen auf die Straße holen. Sie kann zeigen, dass es nicht nur österreichische Idioten gibt. Sie kann dafür sorgen, dass endlich genug Menschen aufstehen, die sich nicht mehr nur mit der Freude des sicheren Siegers an Kärntnern oder Strache-Wählern reiben, sondern endlich sagen, was tatsächlich Sache ist: Von Leuten, die dieses System der Xenophobie und Selbstgefälligkeit schüren, wollen wir nicht mehr regiert werden. Ja, ich habe „wir“ gesagt. Ich bin doch schließlich nicht allein, oder?