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Wenn ein Gorillaz-Album erscheint, ist klar, wer den Sound der Stunde spielt: Damon Albarn und seine Gorillaz.

Ich war nie Blur-Hörer, zumindest damals in den 90er-Jahren nicht, als Blur gegen Oasis aufgestellt wurden, um die Schlacht um den Britpop-Thron zu schlagen. Natürlich war die ganze Sache damals bloß von der britischen Musikpresse inszeniert, ein aufgeblasener Blödsinn, den nur die Gallagher-Brüder von Oasis wirklich ernst nehmen konnten. Ich war damals weder für, noch gegen irgendeinen der beiden. Sie waren mir gleichermaßen egal, und wer heute Oasis aus dieser Zeit hört, merkt schnell, dass das kein Schaden war.

Blur hingegen funktionieren noch heute, mit vielen Jahren Respektabstand, gut. Die Lieder sind originell genug, dass sie auch nicht altväterlich daherkommen, mit der Punkrock-Parodie „Song 2“ hat die Band ihren ersten ewigen Klassiker geschaffen, und mit „Tender“ ihre Hymne.

Vor allem aber hatten Blur einen großartigen Sänger namens Damon Albarn. Er hat bis heute eine meiner liebsten Stimmen im Pop. Sie klingt immer ein wenig traurig, verhalten, limitiert. So als würde da jemand ans Mikro treten, der mit viel Herz das Beste aus seinen begrenzten Fähigkeiten macht. Ob diese These stimmt, weiß ich nicht. Ich mache jedenfalls gerne die Augen zu, wenn ich Albarn singen höre.

Doch nicht nur wegen seiner Stimme ist er mir über die vergangenen Jahre ans Herz gewachsen. Auch wegen seiner anderen Projekte: „Mali Music“ zum Beispiel war schön. Die ersten beiden „Gorillaz“-Konzeptalben waren brillant in ihrem Ansinnen, immer punktgenau ins Jetzt zu treffen. Und das Projekt „The Good, The Bad, And The Queen“ war ohnehin ein toller Wurf. Man konnte es obendrein als logische Folge dieser Entwicklung sehen, als Konzeptwerk über London, das aus den vielen anderswo gemachten Erfahrungen schöpft. Dass danach noch eine chinesische Oper kam – auch recht, denn ich hatte mich schon damit abgefunden, dass hier wohl ein kleines Genie am Werke ist.

Und dieses Genie, so trommeln es alle, hat nun gemeinsam mit Jamie Hewlett einmal mehr sein vier Comichelden der Gorillaz in die Schlacht geschickt, um als einzig amtierende Supergroup der Nerds zu zeigen, wie Pop im Jahr 2010 zu klingen hat. Ein Anspruch, der ihnen schon allein deswegen zugestanden wird, weil das auch in den Jahren 2001 und 2005 gelungen ist, als die ersten beiden Alben erschienen sind.

Und tatsächlich: alles funkelt, alles stimmt, alles ist an der richtigen Stelle. Dass Bobby Womack mit der Single „Stylo“ hiermit reanimiert ist, darf als Tarantino-Moment des Albums gelten. Dass Snoop Dogg auf einem Song über übers Leben auf der Insel rappt, passt perfekt, weil der sich ohnehin immer als Witzfigur des HipHop geriert hat und Albarn dieses Genre nur als eines von vielen Referenzsystemen in seine Gorillaz-Musik einbettet. Dass alle anderen Gäste richtig eingesetzt werden, sei hiermit auch bestätigt. Und dass die zwei Balladen, die Albarn selbst anstimmt, die vielleicht rührendsten der Stunde sind, ebenfalls. Wie schon gesagt: die Stimme.

Ja, Damon Albarn ist ein cleverer Kerl. Er liebt Pop über alles. Er hat erkannt, dass er sich mit wohl dosierten Ausflügen in exotische Musikstile erweitern lässt, ohne nach Batiktuch zu riechen. Und er weiß, wie wichtig der Comic-Überbau für durchschlagende Erfolge ist. Die Gorillaz sind damit die erste Pop-Band, denen tatsächlich ewige Jugend geschenkt ist. Damon Albarn – den Kollege Sax gerne als Schösel hinstellt, wogegen ich nur sagen kann: Intelligenz gilt leider gerne als schnöselig – kann weiterhin tun und lassen, was er will. Und nach dem Auftritt von Bruce Willis im folgenden Video ist er ohnehin dort, wo er sein will: im Hintergrund.