Im Bild: Junge Menschen, für die die Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht zu spät käme. Foto: Dieter Karner, Lizenz: CC 2.0 BY

Das musste ja kommen: Im Finale des Wiener Wahlkampfs wird jetzt auch noch die Abschaffung der Wehrpflicht instrumentalisiert.

Das Timing und der Beigeschmack sind fatal. Natürlich ist Michael Häupls Vorstoß, doch die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen, ein Kniefall vor der Kronen Zeitung, die schon seit Wochen eine Kampagne dafür fährt. Natürlich ist das willkommene Abwechslung im Finish eines Wahlkampfes, in dem wieder einmal ein anderer die Themenführerschaft übernommen hat und für seine ungustiösen Dummheiten den Großteil der Aufmerksamkeit bekommt.

Und natürlich ist die Willensbekundung zu einer Volksbefragung, um „die Stimme des Volkes zu hören“ bloß eine leere Worthülse, handelt es sich bei der Volksbefragung doch um das zahnloseste Instrument der direkten Demokratie in Österreich. Ihr Ergebnis ist nicht bindend und damit nur eine mit öffentlichen Geldern erhobene Auskunft zur Stimmungslage im Land.

Zugegeben, ich war nicht beim Bundesheer und habe nicht am eigenen Leib erfahren dürfen, wie es einen zum mündigen Staatsbürger formt (und wie Bier schöne Körper formt, wusste ich damals schon). Ich war beim Zivildienst, zwölf Monate Krankentransport. Es gibt schönere Erinnerungen in meinem Leben – selbstverständlich stört der Zivildienst die Biografie genau so wie das Bundesheer – aber ich gehe nach wie vor davon aus, dass das Bundesheer eine noch schlechtere gewesen wäre.

Vor allem werden – zumindest war das mein Eindruck – Zivildiener tatsächlich gebraucht. Viele Pflegeeinrichtungen, Rettungsdienste und andere Organisationen könnten ohne sie ihren Betrieb nicht sicherstellen. (Empfehlung dazu: Michael Mosers Befund „Zivildienst kann tödlich sein“ drüben bei zurPolitik) Und so wie diese schon jetzt immer wieder nervös werden, wenn ihnen die notorisch geldknappe Zivildienstagentur des Bundes weniger Zivildiener zuweist, wäre eine Abschaffung für sie eine Katastrophe.

Was zur eigentlichen Konsequenz der Abschaffung der Wehrpflicht führt, die im Finale des Wahlkampfes lieber noch ausgelassen wird: Sie kann tödlich sein, weil sie viele Bereiche des Sozialsystems personell ausdünnt.

Der Wiener Caritas-Direktor Michael Landau hat in einer Presseaussendung festgestellt, dass das Ende der Wehrpflicht eine „rein politische Frage“ sei. Da hat er recht. Und daher ist es auch besonders fadenscheinig, jetzt aus bloßer Wahlkampftaktik auf die von der Krone lancierte Kampagne aufzuspringen. Damit werden wie schon bei der Integrationsdebatte einmal mehr gesellschaftspolitisch relevante Themen von jenen aufgegriffen, die damit bloß kommenden Sonntag die Wahl nicht verlieren möchten.

Abgesehen davon bin ich der Meinung, dass die Wehrpflicht weg gehört.