Naked Lunch. Foto: Arnold Pöschl/Promo

Mit ihren Songs zur Bühnenversion von Franz Kafkas „Amerika“ ist der Band Naked Lunch einmal mehr ein Meisterwerk gelungen.

Herrgott, was ist mir der Franz Kafka einmal auf die Nerven gegangen. „Amerika“ hieß der Grund dafür. Ich hab’s gelesen, weil es auf einer Leseliste stand, die mir in der Schule ausgehändigt worden war. Ich hab’s nicht verstanden. Ich habe mich durch gequält. Ich habe mir damit Franz Kafka schon mit 16 auf ewig verleidet.

Ein Fehler? Wahrscheinlich, aber wenn ihn mir einer verzeiht, dann sicher Herr Kafka, dem seit Dekaden Gymnasiumsprofessoren in den Hintern kriechen, um ihre gestockten Lebensentwürfe mit etwas Erinnerung an Depression unter Bierschwaden aufzurauhen. Dann schon lieber eine Leben als Kulturbremse. Das hat dann letztendlich auch gereicht, um ein paar Jahre lang Brot und Unterhalt bei zwielichtigen Blättern zu verdienen.

Abgesehen davon söhne ich mich seit einer guten Woche mit Franz Kafkas „Amerika“ dermaßen umfassend aus, dass man fast schon von Liebe reden könnte. Nicht, dass ich den Roman gelesen hätte – nein, damit bin ich auf ewig durch. Aber ich habe wieder und wieder das neue Album von Naked Lunch gehört, denen offensichtlich ein anderer Zugang zu Frank Kafka gelungen ist als mir. Diese überirdisch gute Band aus Österreichs Süden, die schon seit Jahren alle Preise und allen Ruhm dieser Welt verdient hätte (und stattdessen nur Fantum von Kafka-Missverstehern wie mir kriegt), hat nämlich für die Dramatisierung von „Amerika“ am Stadttheater Klagenfurt neun Songs geschrieben.

In diesen neun Songs assoziieren sich Naked Lunch angelehnt an die fragmentarische Geschichte Karl Rossmanns zu den ganz großen Themen, zum ständigen Widerspruch zwischen Welt und Heimat zum Beispiel – oder zum Abstürzen und zum Leidensdruck, den es braucht, um trotzdem wieder aufstehen zu können.

Die größte Kunst von Naked Lunch war immer schon, ihre Songs zu großflächigen Stimmungsbildern auszubreiten. Für die Arbeit an „Amerika“ eignete sich diese Herangehensweise einmal mehr perfekt, denn hier stimmt alles: Die Emotionen, die todessehnsüchtigen Arrangements, das Existenzialistische.

Sagen wir es so: Naked Lunch werden ihren Franz Kafka schon gebraucht haben, um diese Lieder zu schreiben. Ich brauche Franz Kafka allerdings noch immer nicht, um diese Lieder zu lieben. Wobei, das Buch hätte ich sogar noch …

Amazon: Naked Lunch „Amerika“ (Download)

Am Montag, 11. April 2011 präsentieren Naked Lunch die CD im Wiener Stadtsaal.