Es dauert nur ein paar Sekunden, dann weiß man schon wo man sich befindet. Schlagzeug, Steirische dazu, „Du siachst de Lichter und de Leit de sie bewegen“, singt einer. „Und du siachst a Haufn Gsichter, de host du do no nia g‘segn.“ Wir sind hier bei Attwenger, nach ein paar Sekunden schon mitten drin in ihrem neuen Album „Flux“ und im Song „Shakin’ My Brain“.

Es ist großartig, wenn einen Musik empfängt wie ein alter Freund, den du blind verstehst, obwohl du ihn nur mehr alle paar Jahre triffst. Er weiß intuitiv, mit welchem Schmäh er dich ködert. Er ist Teil deiner Erinnerungen, und es sind gute Erinnerungen.

Attwenger sind heute als Band 20 Jahre alt. Und ich mag sie seit ihren Anfängen, weil sie Attwenger sind. Kompromisslos, witzig, klug, hoch musikalisch, goschert, selbstbewusst, einzigartig, einfach super. Und schon allein darum ist „Flux“ mein ganz persönliches Fest. Schließlich muss es auch Dinge geben, die sich nie verändern und trotzdem gleich gut bleiben.

Wobei der letzte Satz Attwenger unrecht tut. Denn sie sind in Wahrheit Meister der Veränderung, vom Gstanzlsingen zu HipHop-Beats ihrer Anfänge hin zu elliptischen Endlos-Tracks und dann doch ganz woanders hin. All das waren klingt rückblickend logisch. Und all das setzt sich auf „Flux“, ihrem aktuellen Werk, logisch fort.

Dass einen darauf ihr Umgang mit Sprache fast sprachlos zurück lässt, weil sie dieses Medium so intuitiv beherrschen und obendrein noch mit den Unschärfen und Zweideutigkeiten ihres Dialekts anreichern wie keine anderen, ist man bei Attwenger ja schon gewohnt. Und dass sie auf Basis ihrer Erfahrungen, ihrer Herkunft und ihrer Traditionen ein vitales Ungetüm aus Popreferenzen und Landler errichten, überrascht eigentlich auch nicht mehr.

Trotzdem ist da an „Flux“ wieder etwas, das dieses Album besonders und einzigartig macht. Es ist zwar vom ersten Takt an Attwenger, aber es ist was Ungehörtes dabei. Sie kapern dieser Tage etwa klassische Formen, in Rock’n’Roll-Songs wie „Shakin’ My Brain“ zum Beispiel, die sie dann mit ein paar präzisen Handgriffen zu ureigenen Attwengereien machen.

Der oberösterreichische Dialekt, so lernen wir mit „Flux“ einmal mehr, ist und bleibt die ultimative Groovemaschine. Er gibt den Rhythmus vor. Er ist der Kern des Attwenger-Sounds.

Und wie Attwenger damit umgehen, zeigt wie wichtig es ist, ständig herauszufinden, wo man mit seiner Herkunft in der Welt steht. Das Lokale ist hier kein „Mief“, dem sich einer der neuen Songs auch widmet, sondern dient als Reibungsfläche zur Welt und schafft auf dieser Basis einen universal verständlichen Sound, den auch versteht, wer kein Wort von dem versteht, was Attwenger da alles daher reimen.

Der größte Verdienst des aus Markus Binder und Hans-Peter Falkner bestehende GrooveSlangPunkDuos (Eigendefinition) ist es, dass sie dabei einen Sound geschaffen haben, den kein anderer beherrschen kann. Der nur ihnen gehört. Der zeigt, wie wurscht es ist, aus Österreich zu sein, wenn man keine andere Wahl hat, als für sich relevante Musik zu machen. Der zeigt, wie wichtig sie sind.

Wie heißt es am Ende des Songs „One“: „Ohne Attwenger was wenga, oba mia bleim eh no länga.“ Oh ja.

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