Ernst Molden. Foto: Magdalena Blaszczuk

Als oberflächlicher Stadtspaziergänger könnte man fast meinen, dass sich Wien in den vergangenen Jahren zu einer austauschbaren Metropole gewandelt hat. Die Innenstadt ist von Ketten dominiert, die verkaufen, was es auch in Zürich, München oder sonstwo gibt. Die schnieken Restaurants servieren in einem Ambiente, in dem man auch in Hamburg, Prag oder sonstwo sitzt. Und der Sound der Stadt ist für Touristen optimiert, wird also irgendwo zwischen Walzer und Oper zum ökonomischen Faktor subventioniert.

So absurd es natürlich anmutet, in Zeiten der Fragmentierung der Hörgewohnheiten in kleinstmögliche Geschmackseinheiten den Sound einer Stadt zu definieren, so essenziell ist es trotzdem, Ernst Molden genauer zuzuhören. Denn Molden könnte ohne Wien wohl keine so schlüssigen Songs schreiben, wie er es für sein aktuelles Album „Es Lem“ wieder getan hat.

Weisheiten von der Peripherie

Moldens Lieder erzählen eben nicht von der austauschbaren Oberfläche im Zentrum der Stadt, sondern von der Essenz an der Peripherie. Von magischen Orten jenseits der Donau und großen Momenten im Joe Zawinul Park. Von Sonnenbrand in Bundesbad und Weinbrand in Erdberg. Und damit natürlich auch auch vom Phlegma einer Stadt, die manchmal den Eindruck erweckt, als sei ihr nichts so zuwider wie Veränderung und Fortschritt.

Doch das sind nur die Zwischentöne, die sich in Ernst Moldens Songs (die er mit bewährter Band und Gästen wie Klemens Lendl, Der Nino aus Wien, Willi Resetarits und Robert Rotifer umsetzt) beiläufig ergeben. Es geht hier schon ums „Lem“, ums Leben, um die Liebe, um den Grant, ums Schöne und ums Schiache. Und um die Freude, die es selbst in Wien machen kann, wo vermeintlich nur Geraunze zum guten Ton gehört.

Die Liebe und der Grant, das Schöne und das Schiache

Aus diesen Widersprüchen sind elf essenzielle Lieder entstanden, die von der Beobachtungsgabe und der Sehnsucht ihres Autors nach Verständnis für seine Umgebung geprägt sind. Spärlich instrumentiert und aufs Kleinod-Format reduziert, stellen sie den Mikrokosmos Vorstadt in Bezug zur ständigen Forderung nach Weltläufigkeit und Zukunft – und gelangen dabei zu grundlegenden Erkenntnissen.

„Olles kinnt des letze Moi sein. Drum soit ma sis ordentlich gem“, singt Molden im Titelsong „Es Lem“. „Wost heit nu ned glaubm kaunst, wird muagn scho der Foi sein. Drum nimm das, do liegts, dei Lem.“

Am Cover zu „Es Lem“ sieht man Molden mit seiner Gitarre in einer übermächtigen Au-Landschaft sitzen. Bäume, sattes Grün, Natur. Auch so ein Moment. Das Leben.

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