Wolfgang Frisch. Foto: David Sailer.

Es ist eine sehr gute Sache, dass das Flügelhorn in der zeitgenössischen Musik für Wichtigtuer, mit deren Hilfe sich auch Menschen Ende dreißig noch an ihrem Distinktionsgewinn abarbeiten, selten eingesetzt wird. Nicht, weil es dort keine Berechtigung hätte. Aber gerade weil es so selten eingesetzt wird, kann einen ein Flügelhorn so richtig überraschen.

Zum Beispiel auf „Watering The Land“, dem heute erschienen Album von Wolfgang Frisch, der auch bei den Sofa Surfers werkt. Da ist das Flügelhorn in zwei Songs zu hören, in einem davon („Juxtaposed“) sogar in tragender Nebenrolle. Es legt dort fest, welche Seelenzustände dieses Werk prägen: Weltschmerz, Melancholie und dazwischen die gelegentliche Freude an den eher stilleren Schönheiten des Lebens.

Analoge Tradition, digitale Mittel

Und um das Wichtigste auch gleich loszuwerden: „Watering The Land“ ist eine kleine Sensation. Frisch, so steht es in der offiziellen Aussendung geschrieben, widmet sich darauf der Singer-Songwriter-Kultur der 1960er- und 1970er-Jahre. Es fallen auch die Namen Scott Walker und Jack Nitzsche. Die passen sehr gut, weil ersterer eine Karriere als Teenie-Star und Hälfte der berühmten Walker Brothers brechen musste, um als sperriger Avantgardist seine Rolle zu finden – und Nitzsche sich letztendlich mit erfolgreichen Hollywood-Soundtracks verwirklichte.

Zwischen diesen beiden Polen, der polierten Düsternis von Walker und der Stimmungsmusik von Nitzsche lässt sich „Waterin The Land“ tatsächlich gut einordnen. Nur dass Frisch die analoge Tradition der genannten Herren mit seinen digitalen Mitteln nachstellt. Außerdem hat er dazu Gaststimmen wie Marilies Jagsch, Ana Gardel oder Son Of The Velvet Rat eingeladen, mit deren Hilfe er ein Singer-Songwriter-Album aus einem Guss. Das möglicherweise erste der Geschichte, auf dem der Schöpfer keinen Ton singt.

Tüftler und Perfektionist

Frisch ist, das hört man an jedem seiner Stücke, ein detailverliebter Tüftler und Perfektionist, der mit der Präzision des Wissenschaftlers ans Songwriting heran geht. Alles ist hier an seinem Platz, nichts ist zu viel, und je öfter man dieses Album hört (Empfehlung: sehr oft), desto souveräner wirkt es.

Bei den vielen Ideen, die Frisch hier zusammen führt, ist es zu bezweifeln, dass es bei jedem zwingend das Flügelhorn sein muss, das einem die Tür zu dieser Musik öffnet. Aber es ist Vorschlag. Und ein noch besserer Vorschlag ist wahrscheinlich, sich morgen, Samstag, am Abend in den Wiener Klub OST zu begeben. Dort präsentiert Wolfgang Frisch alle seine neuen Songs, die Gäste des Albums sind auch dabei. Es möge ein Fest werden, ich werde auch ein wenig aufs Flügelhorn achten.

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