In der Süddeutschen Zeitung von heute dachte im Medienteil Dirk Peitz übers Ende der (deutschen) Musikzeitschrift nach. Er hält sie für journalistisch überflüssig – eine Sichtweise, die wohl viele andere teilen, denn die Auflagen der einschlägigen Blätter in Deutschland (Musikexpress, Rolling Stone, Spex etc.) sinken stetig. Der Musikexpress zum Beispiel ist Marktführer bei den Kaufmagazinen des Genres – und schafft das mit im Schnitt 56.000 verkauften Exemplaren pro Monat, was in Deutschland für ein Heft im Kioskverkauf so viel wie nichts ist.
Peitz’ Kritik, dass in all diesen Heften aus wenig versteckter Fan-Perspektive in eher schlechtem Layout eher schlechte Texte gedruckte werden, ist wenig entgegenzusetzen. Ebensowenig seiner Forderung, dass alle Beteiligten endlich erkennen müssen, was sie aus ihrem Dilemma holen kann: nämlich, dass sie „ein Luxusprodukt fabrizieren“, wie Peitz richtig schreibt.
Luxusprodukt sein, das ist im Magazin-Kontext schnell geklärt: Innovatives Layout, genaue Texte mit Haltung und schöne Bilder, die nicht allesamt aus dem Gratisfundus der Musikindustrie kommen und dazu führen, dass jede Geschichte zum neuen Album der Band X mit dem selben Foto illustriert wird, das Plattenfirma Y für Promotionzwecke hat anfertigen lassen (Also die amerikanische Variante: Bandmitglieder stehen durcheinander in einer Industrieruine und schauen elegisch in verschiedene Richtungen. Oder die britische: Bandmitglieder stehen in einer Gruppe und versuchen arrogant in die Kamera zu grinsen, weil irgendjemand einmal behauptet hat, das sähe ironisch aus)
Der Luxus-Anspruch ist natürlich das Gegenteil all dieser Konfektionsware. Er muss in Wort und Bild journalistisch sein (egal ob dann eher dem Boulevard oder dem Feuilleton nahe). Er kostet ein bisschen Geld. Und er kann – das zeigen viele Beispiele außerhalb des deutschsprachigen Raums – auch funktionieren. Im angloamerikanischen Raum, wo man ohnehin einen unverkrampfteren Umgang mit den Pop-Helden seiner Region pflegt, läuft daher ein Heft wie Q gut (GB, monatlicher, gut gemachter Boulevard), auch wenn es in ähnlichen Auflagentiefen wie der Musikexpress herum dümpelt. Es hat nämlich einen großen Vorteil: Es unterhält, erzählt lustige Geschichten und zeigt all die Fotos, die es sonst nirgends zu sehen gibt.
Oder das Rockmagazin Spin (USA, monatlich, für alternatives College-Publikum, das keine Angst vorm Lesen hat). Hoher Anspruch in Wort und Bild. Mut zur Lücke, weil mittlerweile jedes Kind weiß, dass Gedrucktes zur Musik den unzähligen aktuelleren Hypes aus dem Netz immer hinterher hinken wird. Schönes Heft.
Oder viele mehr … Aber es nutzt wenig aufzuzählen, wo es denn überall besser läuft. Es muss das Problem erkannt werden. Das liegt – wie oft beim Niedergang von Printmedien – in den Fehlentscheidungen der Verlagsmanager, die tatsächlich noch immer glauben, mit wenig Geld für Autoren und keinem für Fotos spannende Magazine machen zu können.
Letztens habe ich mir übrigens auch wieder einmal einen Musikexpress gekauft, weil ich mir in der U-Bahn einen schnellen Überblick über die aktuellen Neuerscheinungen holen wollte. Die Rezensionen habe ich nicht ertragen und den Rest des Hefts schon gekannt, ohne ein Wort zu lesen. Stimmt ja eh: völlig überflüssig.