Nun hat es sich ergeben, dass ich aus beruflichen Gründen diese Woche drei Tage in London verbrachte. Dabei hat sich eine kleine Bestätigung für die hier schon einmal erzählte Geschichte ergeben: Ja, die enge Hose als Uniform des Indie-Rockers, am besten getragen zu etwas zu kurz geratenen Mopedjacken und kombiniert mit ungewaschenen Haaren im Blickfeld, hat sich mittlerweile in den entsprechenden Szenen flächendeckend durchgesetzt. In einem der angeblich angesagtesten Pubs der Stadt, unweit der MTV-Zentrale in Camden Town gelegen, an anderen derzeit kolportierten Brennpunkten der Coolness, im Topshop am Oxford Circus, in dem ich tatsächlich erwartete, ein Beinkleid zu finden, das sich mit Würde tragen lässt (hiermit sei auch gleich eine Warnung ausgesprochen: Mehr gesundheitsschädigendes Gewusel wie geht nicht mehr) – der Mann Anfang 20 hat im Dezember 2007 von dürrer Gestalt zu sein und muss dies auch noch betonen.
Wie geschmackssicher das ist, mögen jene beurteilen, die in dieser Sache weniger von Vorurteilen behaftet sind. In Wahrheit sollen hier ja nicht junge Menschen um ihre Ehre gebracht werden, sondern eine Stadt um ihre Klischees. Da aber gerade diese Klischees auch dazu führen, dass die enge Hose ihren Siegeszug antreten hat können, musste diese lange Einleitung sein.
Also: London ist nicht cool – und damit auch vieles nicht, das dieser Stadt an Errungenschaften zugeschrieben wird. London ist manchmal einfach nur bescheuert. Das hat auch damit zu tun, dass es in England liegt: Engländer finden zum Beispiel nichts daran, dass sie das komplizierteste Kleingeld der Welt haben. Einmal rund, einmal eckig, tellergroße Münzen sind weniger wert als klitzekleine – und damit sich der unregelmäßige England-Besucher (wenn schon schimpfen, dann natürlich nur als kosmopolitisches Armutschgerl geoutet: Ja, ich fliege nicht einmal pr Monat hin, weil es so hot, hot, hot ist) nur ja nicht leichter tut, ist überall der Kopf der Queen drauf. Das bedeutet dann, dass man für sein überteuertes U-Bahn-Ticket oder seinen überteuerten Kaffee zur Sicherheit lieber mit Scheinen zahlt und danach mit einem Kilogramm Kleingeld in der Geldbörse herum geht, das einem fast die Jacke auszieht.
Oder jemand, den man gerne für eine Geschichte interviewen möchte, hat es sich anders überlegt und sagt mit hanebüchenen Begründungen ab: Er drückt sich dabei am Telefon so scheiß höflich und wohl formuliert aus, dass man erstens die Hälfte nicht versteht, zweitens auch noch Danke sagt, und drittens erst danach bemerkt, dass einem da jemand in sehr schönen Worten mitgeteilt hat, man könne ihn am Arsch lecken.
Oder die U-Bahn. Kostet eine Lawine Geld, ist hoffnungslos überfüllt, und wenn man dann schon in den zweiten Zug nicht hineingekommen ist, stellt man sich die berechtigte Frage, was die Uniformierten am Bahnsteig da eigentlich ständig in ihre Hefte notieren? Dass es nicht funktioniert, ist tägliche Routine. Dass Rushhour ist, keine neue Erkenntnis. Was tun sie also da? Ich weiß es, denn ich habe von diesen drei Tagen gefühlte zwei in der U-Bahn verbracht: Sie sind angestellt, um die Personalkosten in der Höhe zu halten und damit die frechen Preise für Tickets zu rechtfertigen.
Und übers Hotelzimmer verliere ich jetzt nur mehr wenige Worte: Ich bin kein Zwerg, hätte aber einer sein sollen. Wer zwei Nächte auf Beton-Matratzen schläft, hat danach wieder ein kaputtes Kreuz. Und wenn zwei Inder ständig streiten, während sie einem das Frühstück auf den Tisch werfen, schmeckt es davon auch nicht besser.
Aber bitte: Wer will, möge das alles und viel mehr ruhig noch weiter cool finden. Ist ja schließlich London, die Hauptstadt der Coolness und engen Hosen.