sechzig-gradDas Selbstausbeuterische ist natürlich auf Websites wie diesen immer besonders willkommen. Ebenso wie der heimlich dazu gehegte Wunsch, irgendwann einmal doch mit dem eigenen Tun eine Beutestück an Land zu ziehen. Insoferne ist ein Projekt wie das der 28jährigen deutschen „PR-Beraterin und Blondine“ (das sagt sie selbst, soll also ein Witz sein) Karen Wiborg prinzipiell zu begrüßen. Sie schreibt seit 1. Jänner 2009 einen Roman namens „Sechzig Grad“, der am 1. Jänner 2010 fertig werden soll. Sie tut das live und in Form eines Weblogs. Das klingt spannend und wirft zwei Fragen auf:

Ist es tatsächlich eine gute Idee, einen Roman in Weblog-Form zu schreiben?

Nein. Um als Späteinsteiger an seinen Anfang zu gelangen, muss man in Wiborgs Fall langmächtig nach unten scrollen, um dort das erste Kapitel anzulesen und schnell zu erkennen, dass es sich doch nicht gelohnt hat.

Und ist es eine bessere Idee diesen Roman nicht nur live zu schreiben, sondern auch die Arbeit dazu zu dokumentieren? 

Ja. Das schafft zumindest dem, der wie Frau Wiborg zu den Pionieren dieser Art des Romanschreibens gehört, genug Aufmerksamkeit, um durch diverse Online-Medien gereicht zu werden. So gelangt dann ein Beitrag über ihren Roman-Blog Grad in meinen RSS-Reader, und ich lese in der Folge im Upload-Magazin ein Interview mit ihr, in dem sie sagt:

„Auf der einen Seite reizt es mich, eine Fortsetzungsgeschichte zu schreiben. Ich gebe so meinen Lesern vor, wann sie das nächste Kapitel lesen können – das macht meinen Lesern (hoffentlich) Spaß und ist auch ein bisschen spannender, als einfach so ein herkömmliches Buch zu lesen. Um die Spannung und die Weiterlesequote zu steigern, versuche ich, jedes Kapitel mit einem kleinen „Cliffhanger“ zu beenden. Auf der anderen Seite bedeutet dieser ungewöhnliche Weg, ein Buch zu schreiben, für mich als Debüt-Autorin einen sehr großen Mehrwert. Ich profitiere von den Erfahrungen der Leser, die selber schreiben. Ich profitiere von Lob und Kritik, von Ideen, Geschichten und Einfällen meiner Leser.“

Zugegeben, der Roman wird mir wohl trotz der Freude der Dame an ihrem Tun nicht besser gefallen. Aber der Cliffhanger war ein gutes Stichwort, um darüber nachzudenken, wie sich sein Prinzip auf einen Blog von mehreren Autoren übertragen lässt. Und ihren Dank für Lob und Kritik der werten Leserschaft möchte ich hiermit einfach einmal weitergeben.