Foto: Flickr/fleshmeatdollUnsere Feinde kennen wir mittlerweile: Typen wie die Manager des amerikanischen Versicherers AIG. Die leiten einen Konzern, der Milliarden vom Staat braucht und wollen trotzdem fette Bonuszahlungen. Die brauchen in Zeiten der Wirtschaftskrise Leibwächter und werden, wie „Newsweek“ nun berichtete, per internem Memo angewiesen, ihre Profession zu verbergen. „Tragen Sie keine Kleidung mit den AIG-Insignien. Vermeiden Sie es, nachts allein unterwegs zu sein, und parken Sie Ihren Wagen immer in gut beleuchteten Straßen“, zitiert das Magazin daraus.

Geschieht ihnen recht, oder? Die mittlerweile sprichwörtliche Gier der Wall Street-Manager gilt schließlich als Auslöser der Krise. Was bleibt, ist die Frage, warum sie in guten Zeiten niemanden gestört hat.

Die ist mit ein bisschen angewandter Küchenpsychologie schnell beantwortet: Weil wir alle gierig sind. Weil uns das bloße Sein nicht glücklich macht, sondern nur das Haben. Und weil der Nachbar immer das schönere Haus, das bessere Auto und den größeren Flachbildfernseher hat. Eine simple Logik, die – natürlich neben anderen Faktoren – schon erfolgreich den Kommunismus gekillt hat und damit die einzige Alternative zum Kapitalismus.

Der deutsche Vermögensforscher Thomas Druyen hat den Grund allen Übels schon vor einem guten Jahr in diesem Interview schön zusammen gefasst: „Alle wollen immer reicher werden. Die Glücksforschung ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Mensch nie genug Geld kriegen kann. Das gilt für alle Menschen.“

Glücksforschung, ein gutes Stichwort. Die beschäftigt sich mit der Frage, warum beim Menschen im Zusammenhang mit Geld das Hirn prinzipiell aussetzt – oder wissenschaftlicher formuliert, das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens außer Kraft gesetzt wird. Denn eigentlich müsste der Reiche mit der Zeit die Freude an immer noch mehr Geld verlieren, tut es aber nicht. Gier gehört einfach zur menschlichen Natur. Und Geld macht zwar nicht glücklich, aber alle hoffen, dass einen mehr davon zufriedener macht als bisher. Nur leider nutzt sich jedes Mehr an Geld schnell ab, und wir hoffen weiter.

Das mag man vielleicht unmoralisch finden, aber mit Moral allein wurde noch nie eine Revolution gewonnen. Und daran wird auch der Kollaps der globalen Finanzwirtschaft als direkte Folge der Gier nicht viel ändern. Die neuen Werte, die sich nun alle von der Krise erhoffen, sind spätestens dann vergessen, wenn sie vorbei ist. Und das, so hoffen wir, soll bitte, bitte, bitte bald sein.

Nachtrag vom 26. 3. 2009:
Ein werter Leser hat mir einen Link zu den Hintergründen der hier eingangs erwähnten AIG-Causa zukommen lassen. Es ist die Story „The Big Takeover“ aus dem aktuellen amerikanischen Rolling Stone. Ihr Untertitel „How Wall Street insiders are using the bailout to stage a revolution“ sagt eigentlich eh alles. Und keine Angst vor dem langen Text: Er liest sich wie der Krimi, der er ist.