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Frau Ebony Bones treibt’s bunt. Schön für sie.

Eigentlich sollte hier jetzt ein wohlwollender Text über Ebony Bones stehen. So lautete zumindest der Plan, als die üblichen Online-Quellen erste Lobeshymnen zu dieser Sängerin aussandten.Britische Sängerin, Mitte zwanzig, Stammesgesänge für Großstädter, funky, Songtitel wie „Im Ur Future X Wife“ oder „Don’t Fart on My Heart“. Und dazu ein Video wie dieses hier. Das klang sehr anregend, das muss man doch weitererzählen.

Leider bleibt nach dem Genuss von „Bone Of My Bones“, ihrem ersten Album, das dieser Tage erscheint, von der Anregung bloß unnötige Aufregung übrig. Sicher, die Dame ist eine goscherte Göre, die weiß, wie man einen Club unterhält. Und sicher, bei entsprechender Lautstärke und entsprechenden Stimmungsaufhellern ist ihr tribalistischer Funk-New Wave-Hybrid wohl auch ein Spaß.

Aber dass jetzt in Spiegel-Online gleich jemand mit Grace Jones als Referenz daher kommen muss? Das geht dann doch nicht. Erstens, weil Jones über alle potenzielle Nachahmerinnen erhaben ist, und das auch mit 61 Lebensjahren noch. Und zweitens, weil mir bei Fotos und Themen von Miss Bones (zusammengefasst: Männer sind Arschlöcher) ohnehin sofort die leider fast in Vergessenheit geratene Betty Davis einfällt.

Einschub: Falls mir jetzt jemand vorwerfen möchte, ich käme hier mit dem Totschlagargument, dass früher alles besser und origineller war – ein Früher mit Grace Jones habe ich nicht, weil ich sie dafür zu spät schätzen gelernt habe. Und ein Früher mit Betty Davis lässt schon allein mein Alter nicht zu. Einschub Ende.

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Hier zu sehen: Zwei Drittel von Betty Davis’ Schaffen als Funk-Amazone.

Trotzdem gilt, dass selbst wer heute, mit rund 35-jähriger Verspätung, die drei Platten hört, die Miss Davis in ihrem Leben veröffentlicht hat, alles, was an weiblicher Selbstermächtigung im Black Music-Kontext danach kam, ruhigen Gewissens als Kasperltheater abtun darf – Grace Jones selbstverständlich ausgenommen. Und damit ist auch Ebony Bones aus dem Rennen. Soll sie doch in den nächsten Monaten durch coole Clubs hüpfen, in die ich nie im Leben gehen werde. Soll sie doch genießen, wenn sie der Guardian „bloody brilliant“ nennt. Soll sie sich doch ihre Hörner abstoßen.

Immerhin hat sie mich dazu gebracht hat, wieder einmal Betty Davis zu hören, die heute angeblich irgendwo in der Nähe von Pittsburgh verbittert in einer kleinen Wohnung sitzt. Davis war die zweite Ehefrau von Miles Davis. Sie war Model von Beruf und brachte ihn – so will es die Legende – mit dem Funk und der Rockmusik der ausklingen Sixties in Berührung. Sie wird daher von Jazzhistorikern für Miles’ elektrische Phase verantwortlich gemacht.

Doch Betty Davis hat eben auch selbst Platten gemacht, geächzte und gebrüllte Wutausbrüche im Funk-Gewand, die wohl auch viel von ihrem Stoff aus der turbulenten Ehe mit Miles Davis gewonnen haben. Die brodeln auch mit einem Respektabstand von gut drei Jahrzehnten noch immer so, dass es eine Freude ist. Zeitlose Perlen sind das, und die empfehle ich hiermit gleich einmal fürs Wochenende. Unten ist ein Song davon eingebettet, „If I’m In Luck I MIght Get Picked Up“. Und noch einmal: Hören Sie  lieber das – und vergessen Sie Ebony Bones schon heute. Morgen wird kein Mensch mehr von ihr reden.