Was machen Rockstars, wenn sie keine Groupies mehr haben? Dann ist ihnen fad und sie gründen eine fucking Supergroup.
Sicher, die einleitenden Reizworte „Sex“ und „fucking“ wären nicht unbedingt nötig gewesen. Aber die Erfahrung zeigt, dass Texte, die nach wildem Kopulieren riechen, ein Hit sind. Und darum habe ich hier drei Herren etwas unterstellt, das ich ich in Wahrheit gar nicht weiß. Vielleicht haben Josh Homme, Dave Grohl und John Paul Jones ja tatsächlich noch ständig Sex mit unzähligen Groupies. Aber wenn dem so wäre, hätten sie garantiert weniger Zeit, Platten aufzunehmen, die eigentlich keiner braucht. Denn ehrlich: Mit den Queens Of The Stone Age, mit Nirvana und den Foo Fighters, mit Led Zeppelin hätte die Welt über mehrere Dekaden hinweg eigentlich genug über die Rockmusik lernen können. Da braucht es keine Them Crooked Vultures dazu, um noch etwas hinzuzufügen. Ergo: Den dreien muss fad gewesen sein, fucking fad, wie der Rockstar sagt.
Nun ist Fadesse einer der unterschätztesten Zustände des Menschen. Sie gilt als verwerflich, weil dem Müßiggang nahe. Wem fad ist, der hat nichts zu tun. Und wer nichts zu tun hat, der leistet auch nichts. Ich sage aber: Wenn es eine Zeit lang so richtig fad ist, schadet das gar nicht. Im Gegenteil, da kommen einem absurde Ideen, und weil einem so fad ist, setzt man sie trotz ihrer Absurdität um.
Hiermit wäre das Rezept der Supergroup im Rock’n’Roll eigentlich hinlänglich erklärt, und das Zusammenfinden der Them Crooked Vultures auch. Nur ein wichtiges Detail fehlt da noch. Das Trio hat angeblich bei einer Party gemeinsam gekifft und dabei beschlossen, „doch mal was zumachen“. So etwas müssen sie fast erzählen, denn einer Supergroup (also dem Zusammenschluss reicher Rocker, hier eine sehr weit gefasste Definition in der Wikipedia) haftet immer der Vorwurf der Berechnung an. Man addiere Kreativität, Ruhm und Erfolg – und heraus kommt maximale Schlagkraft, musikalisch wie kommerziell.
Im Zusammenhang mit den Them Crooked Vultures wären das zum Ersten also die Foo Fighters, denen Grohl als Frontman vorsteht. Die haben ihre kreativste Zeit hinter sich, und seine Arbeit bei Nirvana ist dieser Tage auch schon ein Fall für Deluxe-Glitzer-Jubliäumsedtionen, weil das das letzte ist, was Leute noch kaufen. Zum Zweiten gibts da John Paul Jones, Bassist bei Led Zeppelin, früher einmal Band, heute Religionsgemeinschaft. Und zum Dritten Josh Homme, Kind der kalifornischen Wüste, Trinker (in Maßen nur mehr, wegen die Familie), Chef und betont gelangweilter Sänger der Queens Of The Stone Age. Ja, da kann viel schiefgehen.
Doch die gute Nachricht im Zusammenhang mit den Them Crooked Vultures lautet: Die Partylaune, aus der das Projekt angeblich entstanden ist, haben sich die Beteiligten über weite Strecken erhalten. Sie waren sogar gewillt, das so genannte „Jammen“ nicht als große Tugend misszuverstehen, sondern Strukturen zu schaffen. Und sie machen viel richtig. Zum Beispiel arbeitet Grohl hier nur als Drummer, so wie damals bei Nirvana. Das ist das, was er noch immer am besten kann, bumm, tschak, wie eine Maschine. Und Josh Homme hat den Songs jenen rustikalen Charme verliehen, den er auch sonst pflegt. Überhaupt: Dieses Them Crooked Vultures-Album ginge fast als Werk der Queens Of The Stone Age durch, wenn man nicht wüsste, das wer anderer dahinter steht.
So gesehen gilt also eine Entwarnung: Diese Band ist besser als es der Status der Supergroup vermuten ließe. Diese Band spielt solide Rockmusik. Und wer weiß: Vielleicht verirren sich während der kleinen Tour, die sie nun spielt, gar ein paar Groupies in ihre Nähe. Es sei allen von Herzen vergönnt.