Bilder aus einem Musikvideo. Ein fährt mit seinem Hund in die Stadt und kauft Futter
Sicher, ich hätte auch schlafen können. Aber dann hätte ich „End Times'“ nicht so schätzen gelernt.

„Will mir gar ned vorstellen, wie dich das gestern genervt haben muss“, hat er geschrieben. „War rückblickend gar nicht so schlimm“, habe ich geantwortet. Das war natürlich ein bisschen cool gelogen, weil mich der Transfer unserer WordPress-Installation auf einen neuen Server ein paar Stunden Lebenszeit gekostet hat, die ich gerne für etwas Angenehmeres verwendet hätte – für Schlaf, um genau zu sein.
Aber ich hatte in diesen zwei Nächten immerhin jemanden, der mich in einer Endlosschleife begleitete: Mark Oliver Everett und seine „Eels“, die gerade ihr neues Album „End Times“ veröffentlicht haben. Endzeitstimmung spürte ich während des lästigen Technik-Gefrickels zwar auch, aber das ist nur eine zufällige Analogie. „End Times“ ist einfach großartig, das beste Eels-Album aller Zeiten, um dabei etwas abzuarbeiten, das einem eigentlich eine Nummer zu groß ist. Das kann ein Server-Wechsel sein, das kann aber auch das ganze Leben sein.
Und bei Everett, einem verschrobenen Geschichtenerzähler, ist es natürlich das Leben, denn der Herr trägt einen Bart, der mir signalisiert, dass ihm php, MySQL und ähnliche biblische Plagen eher wurscht sein können. Und das Beste daran: Das Leben, von dem Everett in seinen Liedern singt, hat bei all seinen Mühen zumindest im Kleinen meistens doch eine Lösung für einen bereit. So ist „End Times“ einmal mehr ein Mikrokosmos voller kleiner Geschichten. Sehnsucht nach Muttern gibt’s darin, Apfelbäume kommen vor, und früher war auch alles besser.

Die Veröffentlichung des Albums war noch dazu mit ein paar auf die einschlägigen Netzwerke hochgeladenen Videos begleitet. Jenes zu „In My Younger Days“ habe ich mir oft angesehen. Ein alter Chevrolet (ein Pickup selbstverständlich, der auch dann gefahren wird, wenn es in Wahrheit nichts zu transportieren gibt), ein Hund, eine Fahrt in die Stadt, um ihm Futter zu kaufen. Dazu blendet die Sonne, und das Leben ist schön, weil es seine entschleunigten Rituale hat. Ein tolles Video einfach.

Oder das zu „Little Bird“: Everett sitzt auf der Veranda und spielt auf seiner Gitarre. Der ganze Song untermalt eine einzige Kamerafahrt, die schließlich bei einem Vogel auf dem Geländer ändert. Auch hier Entschleunigung, die jene Sehnsüchte bedient, die Besserverdiener vom Leben auf dem Land träumen lässt.

Natürlich ist dieser rurale Alltag bloße Inszenierung. Aber man kann darin trotzdem eine Wahrhaftigkeit entdecken, die in den Netzidentitäten, die wir heute pflegen, keine Entsprechung findet. Ob sie mir tatsächlich abgeht, weiß ich allerdings auch nach intensivem Konsum von „End Times“ nicht zu sagen. Erstens läuft ZiB21 jetzt auf dem neuen Server und abgesehen von ein paar kleinen Schönheitsfehlern auch wieder halbwegs rund. Und zweitens will ich nicht auf dem Land leben.