In „Sea Change“ singen zwei Londoner von dem, was ich mir unter Freiheit vorstelle. In diesem Sinne: Eine Empfehlung für das Lied zum Tag.

Fast hätte ich dieses Duo vergessen, das mir vor ein paar Jahren eine recht schöne Zeit geschenkt hat. 2001 und 2003 war das, zuerst mit ihrem Debüt „The Optimist LP“ und dann mit dessen Nachfolger „Ether Song“. Turin Brakes, bestehend aus Olly Knights und Gale Paridjanian, galten damals als Teil des wegen anderer weinerlicher Folkpop-Truppen wie den Kings Of Convenience eilig konstruierten „New Acoustic Movements“, das als Antithese zum hippen Elekrogitarrengeschraddel von Enghosenträgern platziert wurde. So weit, so Fußnote der Popgeschichte.

Turin Brakes erwiesen sich nämlich tatsächlich als Fußnote. Sie gingen den Weg vieler Hypes, bekamen von einem großen Label ein bisschen Geld zugesteckt, das an die Aufforderung geknüpft war, doch bitteschön Charts-taugliches Material zu schreiben, taten wie ihnen geheißen und gerieten darob in Vergessenheit. Vom Album „Dark On Fire“ aus dem Jahr 2007 habe ich erst heute gelesen. Und auch vom neuen namens „Outbursts“ habe ich bloß deshalb erfahren, weil drüben auf Facebook ein paar wohlwollende Zeilen zu diesem Song gepostet wurden.

Er heißt „Sea Change“ und ist ein wundervolles Stück. Erstens, weil es mich an jene Lieder von Turin Brakes erinnert, die mir die eingangs angesprochene gute Zeit geschenkt haben. Zweitens, weil es einfach perfekt ist: Harmlos zupfen die zwei auf ihren Gitarren vor sich hin, singen vom letzten Zaudern im Moment des großen Aufbruchs (Okay, ich gebe zu, das ist jetzt vielleicht frei interpretiert, aber zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass der Text für freie Interpretation geradezu perfekt ist) und kriegen diesen Aufbruch dann im letzten Drittel auch hin. Streicherseligkeit. Congas. Euphorie. Glück. So klingt eben im Moment die Freiheit für mich.
„Sea Change“ hat aber auch einen großen Nachteil. Der Rest des Albums wird dem Lied nicht gerecht. Vielleicht der „Rocket Song“ noch, eine Hymne, die alles kann. Oder „Radio Silence“, das sich am Ende gar in Rockismen versucht und ein bisschen Humor in diese doch recht ernsthaft melancholische Platte bringt.

Nur in Wahrheit sind die anderen elf Songs völlig wurscht. Braucht keiner, der je „Sea Change“ gehört hat – und sie müssen unter diesem Link ja auch nicht mitgekauft werden. Angenehmen Folk Friday noch.