Foto: Rüdiger Wölk, Lizenz: CC-BY-SA-2.0

Ein Sieg ist immer relativ. Außer man verkennt die Realität, dann ist er absolut: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl von der SPÖ zum Beispiel hat im Südburgenland eine Volksbefragung um ein Asyl-Erstaufnahmezentrum durchführen lassen, das ohnehin nicht gebaut wird. 27,7 Prozent des Volkes gingen hin, Niessl konstruierte sich daraus einen „Sieg der Demokratie“.

Wie sich so ein Sieg anfühlt, für den sich eine Minderheit wegen ihrer xenophoben Gesinnung auf die Schulter klopft, weiß ich nicht. Es wird schon gut sein.

So gut, wie auch viele ihre Law und Order-Gesinnung finden, die seit Mittwoch in Foren wie diesem oder diesem posten. Sie feiern dort zwar nicht den „Sieg der Demokratie“, aber den „Sieg des Rechtsstaats“. Von der einen Realitätsverweigerung zu anderen scheint es in diesem Land jedenfalls nur ein kleiner Schritt zu sein. Vor allem, wenn es um das eigene Leben geht.

Da posten sie also zur Ablehnung des Asylantrags der Familie Zogaj in zweiter Instanz voller Freude, dass es glücklicherweise dieser Gutmenschen-Ikone Arigona nicht gelungen sei, bestehendes Gesetz auszuhöhlen. Dass nun endlich diese leidige Geschichte vorbei sei. Dass nun endlich, endlich abgeschoben werde. Und abgeschoben, so sagen sie, wird in diesem Land unbarmherzig, denn wer uns Österreichern illegal kommt, gehört weg.

Es ist unguter Lesestoff, der zeigt, wie vergiftet dieses Land ist, wenn das Thema Asyl auf den Tisch kommt. Es ist ein unerfreulicher Blick auf eine Geisteshaltung, die jemanden tatsächlich Law and Order in einem Land predigen lässt, das die verschissenste Hauptstadt der Welt hat, in dem vollfettes Autofahren als Kavalierdelikt abgetan wird und in dem keine sinnvollen Rauchverbote möglich sind (Der Vollständigkeit halber: Ich rauche). Und all das bloß deshalb, weil das im Zusammenhang mit Arigona Zogaj so gerne bemühte „Gesetz ist Gesetz“ im privaten Rahmen meist sehr griechisch gehandhabt wird: Der Staat ist der Feind. Seine Instrumente gehören untergraben. Und wir sind immer noch wir.

Das Bizarre an der Causa Zogaj sind allerdings nicht nur Postings wie die oben beschriebenen. In jedem anderen Land wären sie von Moderatoren längst gelöscht worden, doch in der Community einer österreichischen Qualitätszeitung gehören sie wohl dazu.

Das Bizarre ist, dass sich die Poster nur scheinbar verdeckt ihren verhetzenden Mist absondern. Die Geisteshaltung dieser Leute kriegt auch jeder zu hören, der über Zogaj spricht. Und die Geisteshaltung dieser Leute spiegelt sich nicht bloß in Krone-Leserbriefen, sondern auch im schnieken Restaurant des gentrifizierten Viertels ums Eck.

So gesehen ist das Ergebnis der Volksbefragung im Burgenland tatsächlich ein Sieg. Ein Sieg über meine Wahrnehmung, die so etwas nicht mehr für möglich hält. Und ein Sieg der Klugen, denen es zu blöd war, über so einen Unsinn abzustimmen. Daher hege ich immer noch die Hoffnung, dass der Fall Arigona Zogaj in diesem Land noch etwas bewegen könnte. Es braucht bloß einen weiteren Sieg der Klugen – diesmal von jenen, denen es zu blöd ist, so eine Unmenschlichkeit zuzulassen.