M.I.A. Foto: j.appleseed | flickr.com/photos/mrdisco | Lizenz: CC BY-SA 2.0

Ein paar Jahre ist es erst her, das galt die 32jährige Maya Raulpragasam als größte Hoffnung der Musikindustrie. Eine Provokateurin, eine Zündlerin, eine wortgewaltige Frau. Radikal politisch und trotzdem schick zu sein, war ihr historischer Glücksfall. Und aus diesem Glücksfall hat sie viel gemacht, in den USA ein paar Millionen Platten verkauft, von London nach Los Angeles gezogen, Karriere.

Da nun ein drittes Album (es heißt „Maya“) drauf zu setzen, ist natürlich kompliziert, weil mit dem Geld erstens die Glaubwürdigkeit leidet und weil M.I.A zweitens nicht immer die Klügste in Sachen Eigen-PR ist. Sie verstrickte sich etwa in dummes Geplänkel mit der Journalistin Lynn Hirschberg, die sie für die New York Times porträtiert und dort von Trüffel und Luxus erzählt hatte. Sie postete Hirschbergs Telefonnummer auf Twitter, beschimpfte sie in einem eilig zum Download angebotenen Song, machte sich lächerlich.

Doch gleichzeitig ließ sie auch ein extrem hartes Video zum Song „Born Free“ anfertigen, in dem rothaarige Teenager von der Militärpolizei gejagt werden (Es wurde von Youtube schließlich gesperrt, ist aber auf der Vimeo-Seite des Regisseurs immer noch zu sehen), hatte damit ihren kleinen Vorabskandal beisammen und bewies einmal mehr, dass sie ihr Vorbild Malcolm McLaren tatsächlich genau studiert hatte. Aufregung um der Aufregung willen – das kann sie.

Doch was ist mit der Musik, mit „Maya“? Die ist reichlich kompliziert, verworren und nervös. „Maya“ ist in seiner Sperrigkeit so die Antithese zum Kommerz und inhaltlich wohl am besten als Rundumschlag gegen die Allmacht einer Informationsgesellschaft zu beschreiben. Der HipHop und die Ausflüge in exotischere Musikstile sind gänzlich kompromisslosem elektronischem Lärm gewichen, den sie nur ein paar Mal mit verstörend eingängigen Songs bricht.

Ja, „Maya“ ist ein recht komplexe Angelegenheit, die ein paar Durchgänge braucht, um damit leben zu können. Doch dann fängt man sogar an, das Album zu lieben. Vor allem wegen des Stücks

„Lovealot“, das nach ein drei Mal Hören auch dem nicht Native Speaker aus Mitteleuropa seine Geschichte offenbart. Das Lied, vorgetragen zu Samples von ein paar Münzen, die in der Dose scheppern, nähert sich der Psyche jener „Schwarzen Witwe“ an, die Ende März in der Moskauer U-Bahn ein Selbstmordattentat verübt hat (hier zur Erinnerung das mittlerweile ikonografische Foto dazu). „I really love a lot“, singt M.I.A, dehnt die letzten beiden Worte aber so, dass sie klingen wie „I really love Allah“. In „Lovealot“ läuft sie also tatsächlich zur Hochform auf – sie sympathisiert nicht mit der Schwarzen Witwe, aber sie stellt sich vor, warum auch sie eine werden könnte, weil es oft bloß eine unglückliche Verkettung von Zufällen ist, die einen zum Terroristen machen.

Und „Lovealot“ ist der Beweis für die Qualitäten von M.I.A, die immer dann zum Tragen kommen, wenn sie sich ganz darauf konzentriert, ihre radikalen Revolutionsgedichte zu inszenieren. Dann ist sie wieder ganz bei sich. Politisch, sexy – und relevant wie keine andere.

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