Am einfachsten ist es natürlich, über die Tea Party-Bewegung in den USA zu lachen. Über ihre Angst vor Barack Obama, den sie mal als Kommunisten und mal als Moslem hinstellen. Über ihren Ultrakonservativismus, der sich in der Ablehung von Homosexuaität und Abtreibung gleichermaßen widerspiegelt. Über ihren absurden Hass auf die von Obama initiierte Gesundheitsreform, die für mehr Menschen eine Krankenversicherung schaffen soll und gleichzeitig in einem der ineffizienten und teuersten System seiner Art für Ordnung sorgen. Und natürlich über ihre Symbolfigur Sarah Palin.
Ja, all das klingt für einen bequemen Mitteleuropäer mit halbwegs liberalem Weltbild auf den ersten Blick einfach nur lächerlich.
Und doch lässt sich am Erfolg der Tea Party Bewegung (die konservative Christine O’Donnell hat sich bei den Vorwahlen im US-Staat Delaware gegen einen moderaten Republikaner durchgesetzt) viel ablesen, das universale Gültigkeit hat. Vor allem für das Wesen des Populismus – und was sich daraus ableiten lässt, wenn er wieder einmal in Tagespolitik überhand nimmt.
Populismus, so schreibt Franz Walter, Leiter des Göttinger Instituts für Demokratieforschung im Blog seines Instituts, „ist auch ein Seismograph für das, was schief läuft zwischen sozialen wie kulturellen Eliten hier und niedriger geschichteten Bürgern dort, auch: zwischen politischen Institutionen im Staatssektor oben auf der einen und gesellschaftlichen Gruppen unten auf der anderen Seite.“
Ein Befund, mit dem sich recht schnell Parallelen zwischen der Tea Party-Bewegung in den USA, der Sarrazin-Sympathie in Deutschland und ihrer Ausläufer in Österreich und dem Wiener Blut- und Boden-Wahlkampf der üblichen Verdächtigen finden lassen.
Wir leben in Zeiten der Angst. Und Angst ist der beste Nährboden für Populismus aller Art. Die Tea Party-Bewegung bietet der Angst der Mittelschicht vor dem sozialen Abstieg eine Heimat. Thilo Sarrazin der Angst vor dem Fremden. Und die FPÖ bedient gleich beides – die Angst davor, im Kampf ums Überleben auf der Strecke zu bleiben, und die Angst vor den erkennbar Anderen, die einem womöglich Job, Geld und sonst noch was rauben.
Alle drei fangen ihre Anhänger damit, dass sie vermeintlich das aussprechen, was das Volk denkt. Obama ist kein Amerikaner. Moslems sind faul. Zu viel Fremdes tut niemandem gut.
Sicher, das ist allesamt Humbug, der keiner Diskussion standhalten könnte. Doch Populisten kommen nicht, um zu diskutieren, sondern um zu behaupten. Und egal wie wichtig Initiativen wie die öffentliche Manifestation von „Machen wir uns stark“ am kommenden Samstag in Wien sind – sie können dem Populismus nichts entgegen setzen, weil sie ihn nicht mit den eigenen Waffen schlagen.
Populismus gilt als verwerflich, als Domäne der Rechten und Dummen. Das ist schade, denn genau das ist die größte Dummheit, die man in der Politik dieser Tage begehen kann. Wenn’s ums große Ganze geht – etwa darum, zu zeigen, dass wir kein Volk von xenophoben Abschiebern sind – müssen wir das mit den Methoden des Populismus vor uns her tragen. Wir müssen übertreiben und Parolen finden. Wir müssen einfach und deutlich sprechen. Wir müssen uns wahnsinnig wichtig machen.
Sicher, das lässt sich leichter bloggen als umsetzen. Ich habe aber auch nicht gesagt, dass es leicht ist, alle Debatten und dringlichen Fragen der Zeit allein den Konservativen und rechten Deppen zu überlassen. Es muss trotzdem sein.