Julian Assange. Foto: Espen Moe, Lizenz: CC 2.0 BY

Julian Assange ist das Gesicht zu Wikileaks. Dass er sich auch zum Richter berufen fühlt, schadet der Whistleblower-Plattform gewaltig.

Vielleicht sollte Julian Assange ja einmal mit Mark Zuckerberg plaudern. Nicht dass ich davon ausgehe, dass die beiden recht gut miteinander könnten, aber ein paar Gemeinsamkeiten gäbe es schon. Viele Leute kennen sie, wenige wissen etwas über sie,  und daher kriegen sie eben die paar bekannten Details um die Ohren gehauen, die sie menschlich in zweifelhaftes Licht rücken. Also Zuckerberg sein „dumb fucks“-Zitat – und Assange Chat-Protokolle wie dieses kürzlich auf Wired.com veröffentlichte, das den Wikileaks-Mitbegründer als egomanischen und selbstgefälligen Herrscher darstellt, der sich einen Dreck um Mitstreiter und Kollateralschäden seiner Veröffentlichungen schert.

So weit die Parallelen. Ironie der Geschichte ist nämlich, dass hier zwei zu Lichtgestalten einer neuen digitalen Weltordnung erhöhte Individuen ihre durchschnittlichen Schwächen zeigen, die aus ganz verschiedenen Ecken kommen. Der eine (Zuckerberg) ist ehemaliger Student, Karrierist und Herr über die Privatsphäre von 500 Millionen Menschen, die er zu Geld machen möchte. Der andere (Assange) ist ehemaliger Weltenbummler und Herr über ungezählte geheime Dokumente, die er via Wikileaks veröffentlicht, um die Welt zu verbessern.

So wurde zumindest der Mythos beschrieben (dem ich zugegebenermaßen auch erlag). Von diesem Mythos ist derzeit aber nur mehr wenig zu erkennen. Der ehemalige Sprecher Daniel Schmitt ist gegangen, weitere Mitstreiter revoltieren, Wikileaks ist plötzlich nicht nur selbst Opfer von Leaks, sondern könnte daran zerbrechen. „Der Streit um die zukünftige Ausrichtung von Wikileaks offenbart, dass das Projekt am Scheideweg steht und – statt aus vergangenen Fehlern zu lernen – an seinen eigenen Wertmaßstäben zu scheitern droht“, schreibt Daniel Leisegang auf Carta.

Was obendrein bleibt, ist ein Imageproblem, weitaus tief sitzender als Zuckerbergs „dumb fucks“. Wenn gerade eine Organisation, die sich als Open Source-Nachrichtendienst im Dienste der reinen Wahrheit versteht und daher journalistische Standards für sich beansprucht, Menschen gefährdet (also etwa afghanische Zivilisten mutwillig rachsüchtigen Taliban ans Messer liefert), hat sie sich überlebt.

Assange, das ist bekannt, hat bewusst Namen in veröffentlichten Dokumenten nicht unkenntlich gemacht. Er hat sich zum Richter erklärt. Er hat über Schuld oder Unschuld von Menschen entschieden. Er hat Wikileaks hochtrabende Ziele pervertiert.

Oder um es mit Mark Zuckerberg zu formulieren: Julian Assange, Sie sind ein dumb fuck.