Daniel Ek & Martin Lorentzon, Gründer von Spotify.

Es war eine gute Woche um Musik zu hören. Nicht unbedingt wegen ihrer Originalität, sondern eher wegen ihrer schieren Menge. Wir haben schließlich seit ein paar Tagen Spotify in Österreich. Musikstreaming, die ganz große Palette, alles legal, fast alles da. Die neue Jayhawks gehört („Mockingbird Time“ – muss nicht sein), den von Mike Patton komponierten Soundtrack zum Thema Primzahlen („The Solitude of Prime Numbers“ – muss man mögen), natürlich immer wieder „Communicate“ von Giantree (Song der Woche, würde ich sagen) und was weiß ich noch was alles.

Toller Dienst, dieses Spotify. Die üblichen Facebookfreunde, die immer alles als erste ausprobieren, sind auch da. Und mein Musikgeschmack scheint nicht derart abseitig zu sein, dass ich nicht doch immer wieder fündig werde. Es wurde also alles daran gesetzt, dass sich Leute wie ich auf Spotify wohl fühlen.

Willkommen in der Zukunft?

Allein, das Wohlfühlen will sich noch immer nicht recht einstellen. Es hat mit den Botschaften zu tun, die sich im Zusammenhang mit angekündigten Revolutionen wie der von Spotify gerne häufen. Willkommen in der Zukunft. Die Vergangenheit ist tot. Und wer skeptisch dreinschaut, ist es auch, denn der hat nichts verstanden. Und hey, nicht vergessen, Spotify ist legal. Die Künstler kriegen diese Legalität sogar pro gespieltem Song ausgezahlt. Die Geldeinheit, mit der die von mir abgespielten Songs einem Künstler entlohnt werden, muss zwar erst erfunden werden, aber 0,0003 Cent (hier gelesen) ist immer noch mehr als gar nichts. Vor allem in der Internetökonomie, wo Ideen alles sind, weil sie sich um viel Geld an Unternehmen verkaufen lassen, damit die sie dann um um weiteres Geld in den Sand setzen können.

Das ist die eine Seite. Die andere Seite zeigt einmal mehr den Kontrollverlust, den jede Technologie mit sich bringt, wenn sie sich zur Killer-Applikation entwickelt. Mach mit oder stirb, kann das heißen. Oder: Es ist deine große Chance. Am Ende wird beides in den gleichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen formuliert, die ausgedruckt so dick wie die Bibel sind. Und wir können nur hoffen, dass diese AGBs in ihrer Auslegung nicht annähernd so viel Unheil über die Menschen bringen werden.

Allen Diensten, denen ich in der jüngeren Vergangenheit meine Daten anvertraut habe, um Chancen zu nützen, ist eines gemeinsam: Ich weiß gar nicht, ob ich ihnen vertrauen kann. Ich weiß nicht, ob die Daten in meiner Dropbox morgen noch da sind. Ich weiß nicht, ob Google morgen für die Verwaltung meiner Emails noch immer kein Geld möchte. Ich weiß höchstens, dass viele dieser Dienste, die sich auf dem Weg zum Monopol befinden, die Regeln diktieren, und ich mich bei vermeintlichen Regelverstößen nicht einmal zur Wehr setzen kann.

Post von Google. Dialog nicht vorgesehen

Diese Woche erreichte mich schließlich nicht nur viel zu viel Musik, sondern auch ein Email von Google. Man habe vor, ZiB21 aus dem Adsense-Programm zu werfen, weil wir gegen die Nutzungsbedingungen verstößen. Nicht jugendfreie Themen, sexuelle Gesundheit, Tipps bezüglich Sexualität – die ganze Palette der Schande, und binnen 72 Stunden soll sie bitte weg sein. Nun sind wir zwar auf Googles Adsense nicht angewiesen, die lächerlichen paar Euro pro Monat verbuche ich gerne wie vieles andere im Ablagefach mit der Aufschrift „Wirtschaftskrise“, aber das Gefühl der Ohnmacht, das auch diesem Kontrollverlust folgt – das bleibt.

Und wäre ich Musiker, ließen mich 0,0003 Cent pro Abspielvorgang meiner Lieder auch ohnmächtig werden. Immerhin ist Spotify ein Startup, das zur Geschäftsidee erklärt hat, die Schieflagen bei Verteilung und Rechteabgeltungen zu richten, die in den vergangenen Jahren im Musikhandel entstanden sind.

Wie es sich für ein Startup gehört, verdient Spotify kein Geld. Es ist bloß eine gute Idee.