… ist das meistens würdelos. Doch gibt es überhaupt einen würdevollen Weg durch die nächsten Wochen? Ich fürchte nicht.
Wenn Rockstars Weihnachtslieder anstimmen, kann das in Wahrheit nur daneben gehen. Weihnachten steht für das Idyll, die Familie, das Heile, Schöne und Gute. Rock’n’Roll steht für das Anti-Idyll, den gestreckten Mittelfinger in Richtung Familie, heile Welt und gutes Leben.
So weit, so revolutionäre Pop-Theorie aus dem vorigen Jahrhundert.
Ein nicht auszurottendes Gesetz der Musikveröffentlichungsindustrie besagt aber, dass rechtzeitig vor Weihnachten auch Weihnachtslieder veröffentlicht gehören. Dem entgehen heuer Coldplay genau so wenig wie im Vorjahr Bob Dylan, wobei der Ordnung halber gesagt werden muss: Als Dylan „Must Be Santa“ sang, wirkte er dabei wie eine entschärfte Version des großartigen „Bad Santa“ Billy Bob Thornton, wenn hingegen Chris Martin „Christmas night“ auf „another fight“ reimt, wirkt er wie Chris Martin in weinerlicher Stimmung, aber das tut er eh schon länger.
Kann ihm das jemand zum Vorwurf machen? Selbstverständlich. Bloß wird der Vorwurf so sicher verpuffen wie Weihnachten in vier Wochen vorbei ist.
Zynismus als Reaktion auf Weihnachten ist leider genau so eine hohle Pose wie die Ironie oder unreflektierter Kitsch. Es gibt viele Wege da durch, und keiner davon ist würdevoll. Weihnachten und die Wochen davor – das ist einfach Ausnahmezustand, wahnwitzig beleuchtet und grässlich beschallt.
Vor Jahren einmal habe ich einmal völlig konzept- und wahllos zwei Compilations zum Thema auf CD gebrannt, aus ironischen Gründen wegen eines Festes. Hauptsächlich mit Weihnnachtsliedern US-amerikanischer Provenienz drauf, viel Frank Sinatra und Dean Martin, dazu irrwitziger Kitsch von den Jackson 5 und den Supremes plus ein paar Obskuritäten, über die ich nur zufällig gestolpert bin. Diese CDs ergeben zwei Stunden Klischee, so verlogen, dass es einen entwaffnet. Und seit meine Tochter auf der Welt ist, gehen sie jedes Jahr Anfang Dezember auf Heavy Rotation. Sie kann nicht ohne. Und weil es sie so glücklich macht, kann ich auch damit. Das geht jetzt schon seit sechs Jahren so.
Dieser entwaffnend verlogene Kitsch ist dann wohl auch der Grund, warum die vorweihnachtlichen Peinlichkeiten von großen und kleinen Rock’n’Rollern keine Kratzer an deren Image hinterlassen. Sie werden wie alles andere einfach weggeräumt, weil es keiner länger als notwendig erträgt. Und wer vorher zusammenbricht, dem hilft vielleicht Helmut Qualtinger. In diesem Sinne wünsche ich viel Rock’n’Roll für die kommenden Wochen.