Eigentlich gemein. Da werfen die drei Herren nach diversen Widrigkeiten – allen voran der Krebsdiagnose von Adam Yauch – um fast zwei Jahre später als geplant ein Album auf den Markt, und alles, was die Beastie Boys für „Hot Sauce Commitee Part Two“ ernten, ist eine Welle der Euphorie, die vor allem aus nostalgischen Gefühlen schöpft. Und von der Nostalgie zur Irrelevanz ist es dann bekanntlich nicht mehr weit.
Wobei man im Falle der Beastie Boys zurecht rücken muss, dass sie wirklich verdammt wichtig waren. Ach was, sie waren für den HipHop ein historischer Glücksfall.
Um das zu erklären, muss man ein wenig ausholen: Hätten sie ein paar Jahre früher mit der Musik angefangen, wären sie echte Punks made in NYC geworden – wahrscheinlich solche von der klugen Sorte, die dann später durch die Institutionen wanderten. Aber für echte Punks waren sie viel zu jung, also sattelten sie in den 80er Jahren um auf B-Boys.
Und das muss eine Provokation sondergleichen gewesen sein: Drei Wichtigtuer aus der jüdischen Mittelschicht New Yorks versuchten sich im HipHop, der sich 1986, als ihr erstes Album „Licensed To Ill“ erschien, vor allem über seine Blackness definierte. Und sie brachen obendrein mit der schon damals angelegten notorischen Humorlosigkeit und Ernsthaftigkeit des Genres, die sich später zum Gangstarap jener Motherfucker aufschaukeln sollte, denen nur der Anblick eines Frauenhinterns ein fieses Lächeln entlockt.
So wurden sie zu dem, was sie bis heute sind: die liebsten HipHopper all jener, denen das Genre großteils fremd bleiben sollte – und gleichzeitig eine Institution bestehend aus drei Herren, die sich über die Jahre von Dosenbiertrinkern zu Über-Nerds gewandelt hatte, denen Klangforschung, Funk und Integrität über alles geht. Während die Genre-Kollegen mit ihren Dollars Zigarren anzündeten, steckten die Beastie Boys sie in humanitäre Hilfe und Imagebildung. Pleite gingen sie zwar auch damit, aber sie hatten ja noch sich und ihren HipHop, dessen Wurzeln sie akribisch in ihre Einzelteile zerlegten, um sie zu intergalaktischen Rhythmus-Monstren zusammen zu setzen.
All das erklärt, dass den Beastie Boys nach 25 Jahren im Geschäft verdammt viel Ehre entgegen gebracht wird, die leicht in Nostalgie ausarten kann. Doch sie ist hier völlig fehl am Platz, denn die Band hat was ganz anderes im Sinn. Sie verhandelt auf „Hot Sauce Commitee Part Two“ ein paar Grundsatzfragen: Wo steht das Genre heute ästhetisch, politisch, moralisch? Gibt es neben egomanischen Unsympathen wie Kanye West noch Platz für Kindsköpfe? Und bringt sie es überhaupt noch, die alte Tante HipHop?
Im Verständnis der Beastie Boys, dieser zur Legende gereiften Beinahe-Punks, bringt sie jedenfalls noch alles, was ihnen Spaß macht. Sie kann funky sein. Sie kann einen zu einem Feuerwerk der guten Ideen inspirieren. Und sie braucht keine Gegenwart, wenn jemand so ihre Vergangenheit geprägt hat wie die Beastie Boys. Zwei Turntables, ein Mikrofon, fertig, los. So entsteht ganz nebenbei ein Klassiker, der frei von Moden in lauter Schönheit aus den Boxen dröhnt.
Die oben genannten Grundsatzfrage haben die Beastie Boys übrigens auch ironisch beantwortet. Mit einem zwanzigminütigen Videoclip, der den Titel „Fight For Your Right (revisited)“ trägt. Darin sind Seth Rogen, Elijah Wood und Danny McBride als junge Beastie Boys zu sehen, die mit Bier herum spritzen und die Nachbarschaft verstören – bis sie auf ihre Alter Egos aus der Zukunft treffen (dargestellt von Jack Black, Will Ferrell und John C. Reilly) um eine Dance-Competition abzuhalten. Eine Besetzungsliste wie ein Statement: Wen wir anrufen, der kommt auch, bedeutet das. Denn bei uns ist es noch immer noch am lustigsten.
Darauf sollte man jetzt eigentlich eine Dose Bier trinken, oder?
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Anmerkung: An dieser Stelle war ein Text über das neue Album „Grotesk“ der Linzer HipHop-Urgesteine Texta geplant. Der wurde aber nichts, weil die Kopfhörer diese Woche nur für die Beastie Boys da waren. Wobei gesagt werden muss: „Grotesk“ ist auch sehr gut. In diesem Sinne: Gehen wir also nicht nur mit den Buben, sondern auch mit diesem Song ins Wochenende.