Mode, so steht es in der klugen Wikipedia, ist die in einem bestimmten Zeitraum und von einer bestimmten Gruppe von Menschen als zeitgemäß geltende Art, bestimmte Dinge zu tun. Das kann die Verständigung darauf sein, dass Jeans mit Löchern am Knie toll sind. Das kann die Verständigung darauf sein, dass Toast Hawaii eine raffinierte Speise ist. Und das kann die Überzeugung sein, dass Gitarrenmusik gerade dann besonders schön ist, wenn dem Instrument Akkorde mit maximaler Dissonanz entlockt werden.
Moden, so wissen wir aber auch, haben ihr Ablaufdatum. Zumindest für die meisten von uns. Nur wenige tragen noch immer Jeans mit Löchern oder führen Toast Hawaii auf ihren Speisekarten. Und noch weniger tun so, als schrieben wir immer noch die frühen 90er-Jahre.
Wer sich damals in den richtigen Kreisen bewegte (man trug an den Knien löchrige Jeans), erinnert sich vielleicht auch an Band mit Namen wie Sonic Youth. Oder Dinosaur Jr., deren Chef J Masics sich jetzt an feingeistigem Folk versucht. Oder an Pavement. Und ja, an Nirvana, von denen dieser Tage aus rechnerischen Gründen viel die Rede ist, erinnert man sich zwangsläufig auch. Jeder erinnert sich an Nirvana, doch in dieser Geschichte haben sie nichts verloren, außer vielleicht in ihrer auch für die anderen hier genannten Bands typischen Do-It-Yourself-Attitüde.
Vordergründig hingeschissen
Diese Geschichte handelt von der Band Killed By 9V Batteries, die sich vor knapp zehn Jahren in der steirischen Kleinstadt Weiz formiert hat. Wer deren aktuelles und schon andernorts hoch gelobtes Werk „The Crux“ fühlt, fühlt sich sofort an die Zeit der löchrigen Jeans erinnert. Und an die Musik dazu, die geprägt war von vordergründig Hingeschissenem, das sich bei genauerem Hinhören als komplexes und durchdachtes Wechselspiel aus unverständlichen Versen und dissonantem Gitarrenlärm erschlossen hat.
Nun habe ich natürlich keine Ahnung, wie die musikalische Sozialisierung der Herren von Killed By 9V Batterien war, aber in ihrem Werk verfolgen sie mit einer beeindruckenden Konsequenz jenen Wertkonservativismus, der auch den Gitarrenrock-Untergrund der 90er auszeichnete. Nur ja nicht nachgeben. Nur ja nicht auf schöne Melodien einlassen, sondern sie lieber unter allerlei Rhythmus und Genudel verbergen. Nur ja immer die Leidenschaft vor die Berechnung stellen, was denn vielleicht eher die Gunst geneigter Hörer treffen könnte.
Wobei das so nicht ganz stimmt: Killed By 9V Batteries haben als Produzenten für „The Crux“ Patrick Pulsinger verpflichtet, der in der Disco wie im Techno gleichfalls zu Hause ist, und Struktur in die Geräusche bringt. Nicht, dass er der Band den Pop gelehrt hat, aber er scheint ihnen immerhin gezeigt zu haben, in welchem Kontext er auch bei Killed By 9V Batteries funktioniert, ohne dass sie sich verbiegen müssen. Am besten zu hören ist das an Perlen wie „Worst Of Total Anarchy“ oder „Stalk And Joyride“, die zwar auch keine Hits werden, aber trotzdem dem Sound der Band ungeahnte Dimensionen eröffnen – und vor allem: zeigen, wie relevant diese vermeintlich längst überholte Rockmusik-Schule ist.
Österreicher, wildgeworden
In einem aktuellen Interview mit Killed By 9V Batteris auf Crazewire wird die bei Bands gemeinhin recht beliebte Frage nach der persönlichen Einordnung der Musik gestellt. Zu welcher Szene man sich denn zugehörig fühle, will der Interviewer wissen.
„Austrians gone wild“, sagt Sänger Wolfgang Moestl.
Mögen dieser Band noch viele Jahre Durchhaltekraft beschieden sein. Mögen sie sich nur ja nicht von ihrem Weg abbringen lassen. Und mögen ihnen dabei so viele Menschen zuhören wie nur möglich. Killed By 9V Batteries gehören nämlich definitiv zu den Guten.