Wie es um die Autoindustrie bestellt ist, wird dieser Tage oft verkündet: schlecht. Komisch, dass nun der letzte Gesunde seine Zukunft in der Ehe mit maroden Konzernen sieht.
Also: Fiat möchte gerne mit Opel fusionieren, indem es das Europageschäft der Opel-Mutter General Motors übernimmt. Daraus soll ein neues Unternehmen werden, das auch Chrysler umfasst, wo Fiat vor wenigen Tagen eingestiegen ist. Eine „himmlische Hochzeit“ nennt Fiat-Chef Sergio Marchionne diesen Plan. Nun ist es nicht so, dass hier lauter vitale Unternehmen eine gemeinsame Zukunft planen, sondern zwei von der Finanzkrise schwer gebeutelte Patienten darunter sind. Und das ist dann der Moment, in dem mein – zugegeben geringes – Wissen um ökonomische Zusammenhänge versagt.
Chrysler hat die Produktion in Detroit gestoppt und wartet vor einem New Yorker Konkursgericht auf eine rasche Genehmigung des Sanierungsplans. Der drittgrößte amerikanische Autobauer will ein paar Wochen unter Gläubigerschutz arbeiten und dann in Allianz mit Fiat wieder Erfolge feiern. Die US-Regierung unterstützt die Sanierung mit ein paar Milliarden. Ohne einen internationalen Partner gilt Chrysler als tot. Fiat soll allein deshalb der Retter sein, weil der Konzern Chrysler eine Chance zum Überleben gibt. Die Italiener kriegen zuerst 20 Prozent, dann bis zu 35 Prozent der Aktien, ohne dafür einen Cent zu bezahlen.
Fiat hat bisher die Krise unbeschadet überstanden: Nach Marchionnes umfassender Sanierung sind die kleinen und sparsamen Fiats gefragt: Der Pkw-Verkauf brach in Europa im März zwar um neun Prozent ein, doch Fiat gelang ein Absatzplus von 14,7 Prozent. Allerdings ist Fiat kein reiner Autokonzern, und deshalb spiegelt sich die Absatzsteigerung nicht im Umsatz wieder.
Warum also jetzt auch Opel? Marchionne glaubt, dass ein Autohersteller nur dann überleben kann, wenn er im Jahr knapp sechs Millionen Fahrzeuge produziert. Diese Annahme muss auch bedeuten, dass Amerikaner bisher vergeblich darauf gewartet haben, endlich mit sparsamen Kleinwagen über ihre Highways zu brettern. Und diese Annahme basiert wohl auch auf der Ansicht, dass die Menschheit weiterhin auf individuelle Mobilität setzt und dafür höchstens bei der Größe ihrer Gefährte Abstriche macht.
Das könnte sich als fataler Irrtum herausstellen. Gerade in Zeiten wie diesen stellen immer mehr Menschen ihren Fuhrpark in Frage. In den USA, dem Mutterland des Versprechens grenzenloser Mobilität, zerfallen gerade viele Vorstädte zu Ghettos, weil ihre ehemaligen Bewohner es plötzlich absurd finden, täglich einige Stunden im Auto zu verbringen und daher in Richtung Stadtzentrum ziehen. In Österreich wird die Nachfrage nach Autos mit der Schrottprämie künstlich in die Höhe getrieben. Ob Fiat bei solchen Rahmenbedingungen tatsächlich sechs Millionen Autos pro Jahr verkaufen kann, weiß derzeit niemand. Es ist also mehr eine Hoffnung als eine Tatsache, auf die Marchionne hier setzt. Und die riecht leider verdammt nach 20. Jahrhundert. Aber wie gesagt: Mein Wissen um ökonomische Zusammenhänge in dieser Causa ist gering. Ich bin also für jede Form der Aufklärung dankbar.