Die dreifache Dosis Netzkultur mit einem alten Mann gegen Google, einer absurden Idee und einem Vortrag von Jeff Jarvis.
Bing & Murdoch gegen Google: das geplante Bündnis unter Beschuss. Der hier auf ZiB21 bereits mehrmals zum Thema gemachte Rupert Murdoch (hier und hier) und insbesondere sein Plan, mit der Microsoft-Suchmaschine Bing gegen die Krake Google anzutreten, sorgt noch immer für ausufernde Diskussionen. Die verschiedenen Meinungen für einen eigenen Blog zusammenzudampfen, ist müßig. Vor allem, weil manchmal auch Zitate reichen, um den Überblick zu bewahren. Hier sind sie:
Jeff Jarvis geht auf Buzzmachine mit der erwarteten Härte auf Murdochs Bing-Pläne ein:
News Corp. leaving Google would be a mosquito bite on an elephant’s ass. Unnoticed by Google or by the audience. For there will always be – as Murdoch laments – free competitors: the BBC and Australian Broadcasting Corp, which he and his son complain about, not to mention the Guardian, the Telegraph, NPR, CBC, and any sensible news organization worldwide.
Frank Patalong führt diesen Gedanken auf Spiegel Online weiter:
Murdoch scheint zu glauben, dass die Nachrichten seiner Unternehmen dem Web fehlen werden, wenn er sie dem kostenlosen Web entzieht. Das ist natürlich ein Irrtum, denn das Gros der Nachrichten macht News Corp. ja nicht, sondern berichtet sie nur. […] Microsoft wiederum unterschätzt die Macht des Neides: Wenn das Unternehmen damit anfängt, für die Indexierung von Internetseiten der News Corp. zu bezahlen, was sollte deren Konkurrenten davon abhalten, ebenfalls die Hand aufzuhalten? Und wenn dann irgendwann alle Medienunternehmen von irgendjemandem Peanut-Zahlungen für Seitenindexierungen beziehen, kommt dann die Europäische Kommission und pocht auf Wettbewerbsgleichheit? Muss eine Suchmaschine dann auch für die Indexierung von SchülerVZ, von Ebay oder Amazon bezahlen?
Mike Masnick prangert auf Techdirt an, dass Murdoch vor lauter Neid auf Googles Anzeigengeschäft die Bedürfnisse seiner User aus den Augen verliert:
The key thing is that none of this does anything to help users. And that’s the problem. It’s not adding even the tiniest sliver of additional benefit to users. And these days, that’s a strategic error. […] Microsoft and News Corp. should be trying to provide more value to users, and instead, they seem to be plotting ways to make consumers‘ lives more annoying and more difficult. They may think that’s smart, but in the long term, such strategies always backfire.
Und Meinungen, die Murdochs Plänen gute Seiten abgewinnen können, sind dünn gesät. Hier zum Beispiel Douglas Rushkoff auf Daily Beast:
It is much too easy to look at this as two, crusty old monopolies battling against the young defender of open systems and human freedoms. I reflexively hate to be on Murdoch or Microsoft’s side on pretty much any issue. But these waning media giants—along with Hearst, NBC, Bertelsmann, and even the New York Times—may just have enough power left between them to challenge the continuing, inexorable drive to make all content immediately open to exploitation, disconnected from its creators.
Our labor is not free. Open source is a beautiful way of collaborating; but what’s happening on the free Internet is more akin to the „crowdsourcing“ of journalists and other content creators by advertisers who no longer have to pay them—only the search engines that parse their articles. Why must everything we create or do be presumed free for everyone to use, in any context, and open to comments from anyone in the world? Searching me, and what I create, should be a privilege enjoyed by those to whom I offer it—not a right bestowed onto every person, company, and government on the planet.
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Friedensnobelpreis fürs Internet. Was soll der Blödsinn? Ich mag sie ja, die Technikjüner, die Netzpropheten, die Vordenker. Ich lese und höre gerne, was sie sagen und manchmal im Zustand größter Euphorie voraussagen. Und ich schätze es, dass sie vor lauter Euphorie manchmal übers Ziel hinaus schießen. Wenn sich schon die Welt nicht bewegt, geht wenigstens im Kopf was weiter. Aber manchmal haben sie einfach krude Ideen – so wie die hier, ersonnen von der Redaktion der italienischen Ausgabe von Wired. Die Initiative „Internet for Peace“ will „das Internet“ für den Friedsnnobelpreis ins Rennen schicken. Mit folgender blumiger Begründung:
We have finally realized that the Internet is much more than a network of computers. It is an endless web of people. Men and women from every corner of the globe are connecting to one another, thanks to the biggest social interface ever known to humanity. Digital culture has laid the foundations for a new kind of society.
And this society is advancing dialogue, debate and consensus through communication. Because democracy has always flourished where there is openness, acceptance, discussion and participation. And contact with others has always been the most effective antidote against hatred and conflict.
That’s why the Internet is a tool for peace.
That’s why anyone who uses it can sow the seeds of non-violence.
And that’s why the next Nobel Peace Prize should go to the Net.
A Nobel for each and every one of us.
Klingt gut, ist aber Mist. Laut Definition der Wikipedia wird der Nobelpreis an denjenigen vergeben, „der am meisten oder am besten auf die Verbrüderung der Völker und die Abschaffung oder Verminderung stehender Heere sowie das Abhalten oder die Förderung von Friedenskongressen hingewirkt“ und damit „im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht“ hat. Welche Völker „das Internet“ verbrüdert hat, und welche stehenden Heere abgebaut, das verschweigen die Aktivisten von Internet For Peace noch. Ehrlich: Ein Preis für eine Infrastruktur, die bloß deshalb mti Leben erfüllt ist, weil Menschen sie kreativ nutzen, ist völliger Humbug. Schließlich käme ja auch niemand auf die Idee, Papier für den Literaturnobelpreis zu nominieren, weil sich so tolle Romane darauf drucken lassen. Nicht nur beim Nobelpreis, sondern bei jeglichem Fortschritt geht es um Geist und Ideen, die die Welt verändern oder gar verbessern. Server und Kabel gehören da definitv nicht dazu.
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Und zum Abschluss noch ein Video von Jeff Jarvis, dem zugegebenermaßen von mir sehr oft erwähnten Denker zu den Kampfzonen zwischen Journalismus, Verlagswesen und Netz. Aber er hat ja meistens sehr viele inteligente Dinge zu sagen. Zum Beispiel hier auf der CUNY Grad School for Journalism, wo er vor ein paar Tagen über die „New Business Models for News 2009“ gesprochen hat.
Jeff Jarvis on New Business Models for News 2009 from CUNY Grad School of Journalism on Vimeo.