islafisherNatürlich hat die Welt nach „Der Teufel trägt Prada“ und „Sex And The City“ keinen weiteren Stöckelschuh-Film gebraucht. Aber sie hat wohl genau diesen verdient: Er heißt „Shopaholic“, wird von Isla Fisher als Hauptfigur Rebecca Bloomwood bestritten und wurde von einem Rezensenten auf Spiegel Online so treffend beschrieben, dass wir dessen schönsten Satz hier gerne noch einmal wiedergeben: „Ein Film, den sich die Lehman-Brüder ausdenken würden, sperrte man sie mit einem Pfund Haschisch und einem sexistischen Drehbuachautoren in ein Zimmer ein.“

Bloß, es gibt leider nicht nur die Lehman-Brüder nimmer, sondern auch die Welt, nach der Becky strebt (und in der sie dann mit tiefem Dekolleté und dummem Lächeln auch Erfolg hat und einen Mister Right abbekommt – ein deklarierter Frauenfilm, lernen wir einmal mehr, darf bei seinem Publikum auf keinen Fall Selbstachtung voraussetzen). Sie will in, eh klar, funky New York Moderedakteurin werden, und weil das nichts wird, landet sie im selben Verlag bei einem Wirtschaftsmagazin, schreibt dort über ihr ausuferndes Shoppingverhalten und wird glücklich. Das klingt nach dem üblichen Humbug, aber der sieht in Tagen wie diesen besonders abgestanden aus.

Das Karöttchen, dem das Häschen Bloomwood/Fisher hier nachläuft, ist nämlich im richtigen Leben bereits vom unberechenbaren Monster namens Finanzkrise verschluckt worden. Die Modemagazine, von denen sie träumt, werden wohl allesamt in den kommenden zwei Jahren eingestellt werden. Das Finanzmagazin, für das sie schließlich arbeitet, wäre heute längst tot. Und das Leben, das sie anstrebt (kaufen, kaufen, kaufen) kriegt dieser Tage nicht nur den schalen Beigeschmack des Unschicklichen, sondern wird für offensiv dumme Puten wie Becky schlicht unleistbar.

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Es gibt also keinen Platz mehr auf dieser Welt für Rebecca Bloomwood, die von der britischen Autorin Madeleine Wickham alias Sophie Kinsella für eine Handvoll Bestseller ersonnen worden ist. Wenn sie Pech hat, kriegt sich nicht einmal mehr einen Russen ab, weil deren Milliardären nach jüngsten Erhebungen auch nur mehr Armut auf hohem Niveau bleibt. Und nur wenn sie Glück hat, erzählt ihr jemand von Österreich.

Denn hier ist die Krise noch nicht angekommen und wahrscheinlich kommt sie nie. Hier werden noch Zeitungen gegründet anstatt eingestellt, gerade heute ist wieder eine dazu gekommen, so ein Fest. Hier gilt es immer noch als höchste Tugend, nicht nach draußen zu schauen, das haben wir in den vergangenen Jahrzehnten ziemlich gut gelernt. Krise, welche Krise? Das fragen wir und grinsen blöd, weil wir noch immer Jobs haben, die uns ernähren und ein neues Fahrrad für den Frühling bescheren. Sicher, alle schreiben darüber, aber in Wahrheit geht’s uns doch eh großartig.

Ja, vielleicht sollte Rebecca Bloomwood nach Wien ziehen und hier Moderedakteuerin werden. Den Job bekäme sie sofort. Frauen wie sie sind nach wie vor das große Ding im Land. Denen erfinden wir Magazine auf den Leib. Da sind Anzeigenumsätze drin, na hallo. Hier, weit ab von der Welt der arbeitslosen Investment-Banker New Yorks mit ihren Freundinnen, denen der Lebensinhalt Shopping abhanden gekommen ist, wäre Rebecca noch wer. Sie wäre zu Festen eingeladen. Sie gäbe Interviews. Sie wäre das schöne Gesicht zur Realitätsflucht, mit der in Österreich alle so gerne der Krise begegnen, anstatt einmal nachzudenken.

Auch nicht zwingend klug: Anne Hathaway in „Der Teufel trägt Prada“.Und wenn das nicht klappt, kann sie noch immer Model werden. Aber das wird in Tagen wie diesen leider auch immer gefährlicher. Via ORF-Online erreichte mich nämlich gerade die Geschichte einer Massenpanik in Manhattan. Ein paar hundert Bewerberinnen hatten dort eine Nacht lang auf ein Casting für „America’s Next Top Model“ gewartet. Dann stand plötzlich ein rauchender BMW neben ihnen, das Gerücht von einer Bombe ging um, und der Tumult brach los. Was blieb: Eine leere Straße voller Stöckelschuhe. Kein schönes Bild, aber ein passendes für diesen Abend. Mehr hier.