Jeder weiß, dass Werner Faymann es gut meint. Dafür muss man nicht einmal sein Gesicht sehen. Foto: Johannes Zinner, Lizenz: CC 2.0 BY ND

Tom Schaffer hat drüben auf ZurPolitik einen sehr klugen Text veröffentlicht. Er handelt davon, dass es der Innenpolitik-Chef der Kronen Zeitung, Claus Pandi, zutiefst bedauert, dass Schwarze (es geht ihm um die Hautfarbe) in seinem Blatt keine Kolumnen schreiben können, er aber das auch nicht ändern kann, weil das Volk, für das sein Blatt da sein will, von einem Schwarzen als Kolumnisten eher verschreckt würde. Pandi, so Schaffer, verlange damit von Menschen ohne Fremdenangst, diese Realität der Ängstlichen zu akzeptieren und nach ihr zu handeln, bis sie sich vielleicht von selbst ändert.

Damit handelt der Text auch von der Spezies der Volksversteher und von Österreich, denn das Land ist schon lange die Heimat der Volksversteher. Oder präziser: der gut meinenden Volksversteher, die über die Jahre für jene spürbare Lähmung im Geiste gesorgt haben, die Österreich ausmacht.

Wenn sich der Volksversteher mit dem Mäntelchen des Gutgemeinten kleidet, ist er – siehe Pandi in der Schaffer-Analyse – ohnehin am gefährlichsten. Man müsse die Leute, also das Volk, eben so nehmen, wie es ist, sagt er dann. Vor der Zukunft zu Tode verängstigt, unterschwellig fremdenfeindlich, die Bildung verachtend. Aber, so der Volksversteher weiter, natürlich auch zutiefst gemütlich. Und wie nahe diese Mischung das gut Gemeinte der Gemeinheit bringt, muss hier nicht näher erläutert werden.

Ob dieses Bild des Volkes – auch nach Hans Dichands Tod weiterhin gespiegelt in der Kronen Zeitung – der Realität entspricht, ist hier nebensächlich. In der politischen Praxis gilt es als unverrückbare Wahrheit, ähnlich der vermeintlichen Macht der Krone, die nur deshalb funktioniert, weil alle daran glauben.

Soll heißen: Das gut gemeinte Volksverstehen legitimiert sich durch den schlichten Glauben ans Heil des gut Gemeinten.

Wie fatal das ist, zeigt sich immer wieder im politischen Alltag. Zuletzt etwa bei den zwar zweifellos missglückten Streichungen bei der Familienbeihilfe, die jetzt – nach gut gemeintem Verstehen des Volkes – doch irgendwie anders kommen sollen als geplant. Wie gesagt: Ich halte Kürzungen bei der Familienbeihilfe für fatal. Doch für mindestens genauso fatal halte ich eine politische Elite, die Entscheidungen bloß dann revidiert, wenn sie glaubt, das Volk besser verstehen zu müssen, damit es einen noch einmal wählt.

Oder noch ein Beispiel zur Pattsituation, die die Republik der Volksversteher lähmt: der Föderalismus, eine Plage, die Unsummen verschlingt, aber die Österreich nicht loszuwerden scheint (Eine Empfehlung dazu: das profil zum Thema Warum die Länder abgeschafft gehören). Nur warum werden wir den Föderalismus eigentlich nicht los?

Weil es gut meinende Volksversteher so wollen. Weil zum Beispiel Niederösterreichs Landshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) aus Prinzip den Plan von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) ablehnt, die Kompetenzen für die Spitäler an den Bund zu übertragen. Oder weil Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer gemäß der Devise „Die Schule im Dorf und die Lehrer im Land lassen“ auch gerne hätte, dass die Länder alle Schul-Agenden verwaltet, anstatt endlich konstensparend zu zentralisieren. Das – so die Botschaft – sei nämlich zum Wohle des Volkes besser so.

Und beim Wohle des Volkes, siehe Pandi, hören sich alle Rechthaberei und Modernität schon aus Prinzip auf. Wäre ja noch schöner, wenn irgendjemand plötzlich merkt, wie gemein es eigentlich ist, dass alle es immer nur gut mit einem meinen.