Niki Lauda: Einmal Hölle und zurück. Schwule müssen möglicherweise auch dort bleiben.

Wenn Männer im Fernsehen miteinander tanzen, steht das Land nimmer lang. Und die Kinder werden von diesem Alfons Haider auch verdorben. Und überhaupt ist das mit den Schwulen grauslich. Sagt sinngemäß Niki Lauda in der Tageszeitung Österreich, und wenn Niki Lauda in der Tageszeitung Österreich etwas sagt, ist es wichtig: Eyjafjallajökull, Kerosinpreise, Schwule – alles eine Frechheit, das wird man als Unternehmer doch noch sagen dürfen.

Nun glaube ich nicht einmal, dass Lauda ein Problem mit Schwulen hat, das besonders auffällig wäre. Er ist vielleicht bloß auf eine sehr traditionelle Art heterosexuell, die ihn bei Schwulen immer gleich an Sex denken und dann zum Schluss kommen lässt: Das gefiele ihm nicht. Und darum muss das echt nicht sein. Nicht in seinem Wohnzimmmer. Nicht in seinem Fernseher. Nicht mit seinem Geld, denn Lauda ist Gebührenzahler (ob er die ORF-Zwangsgebühren für eine unternehmerfeindliche Frechheit hält, ist übrigens nicht überliefert).

So lassen sich jedenfalls die Botschaften zusammenfassen, die ich aus dem großteils aus Wiederholungen bestehenden – oder anders formuliert: mit exklusiven Nachfragen gespickten – und zum Skandal hochstilisierten Österreich-Interview heraus lese. Es sind Aussagen eines alten Herren, der in einem lächerlichen Interview einen Teil seines lächerlichen Weltbildes preis gibt. Und weil Marco Schreuder das Stück in seinem Blog bereits in seine Einzelteile zerlegt hat, empfehle ich bei weiteren inhaltlichen Fragen, dort weiterzulesen. Viel mehr gibt es dazu nämlich nicht zu sagen.

Bleiben also noch die Mechanismen übrig, über die sich während des ersten Nachdenkens über diesen Text diverse Twitteranten in meinem Stream Gedanken machten. Zentrale dort verhandelte Frage: Dient die ganze Chose gar nur dem einen Zweck, die Quoten der im März startenden ORF-Tanzshow „Dancing Stars“ zu treiben? Kann der ORF so perfid sein?

Zentrale dort gewonnene Antwort: Bei aller Vorliebe für‘s Verschwörungstheoretische – so ausgefuchst ist der ORF dann doch nicht, so verzahnt können Küniglberg-PR und „Österreich“-Redaktion doch nicht sein.

Trotzdem lässt sich aus diesem Interview eines heraus lesen: Wenn „Österreich“, das Boulevardblatt, daraus mit dem Instinkt des journalistischen Triebtäters die Geschichte des Tages bastelt, lässt das auch Rückschlüsse auf Österreich, das Land, zu, für das solche Geschichten produziert werden. Als kollektive Psyche begriffen hat Österreich also offensichtlich tatsächlich noch ein Problem mit sichtbarer Homosexualität – ein Eindruck, den mir auch die Frau an meiner Seite bestätigte, als sie mir vor einer Stunde die Diskussionen zusammenfasste, die sie heute an ihrem Arbeitsplatz geführt hatte. Und die traurige Ironie der Geschichte ist, dass es nun ausgerechnet Niki Lauda ist, der einen mit seinen absurden Thesen darauf aufmerksam macht, wie zurückgeblieben der gesellschaftliche Konsens in Sachen Sexualität in diesem Land immer noch ist.

Foto: Daniel Huntley, Lizenz: CC BY-SA 2.0