Falls es in Österreich irgendjemand noch nicht bemerkt haben sollte: Falco, also Hans Hölzl, also unser größter Held, wäre morgen, also am 19. Februar, 50 Jahre alt geworden. Falco, also der Hans, ist ein Weltstar in Österreich. Er hat – so die offizielle Meinung – der ganzen Welt und insbesondere den Amerikanern gezeigt, dass auch wir, die Österreicher, der Hans, der Falco was zustande bringen in der Popmusik. Diese Sicht der Dinge ist natürlich von schweren Minderwertigkeitskomplexen getrieben, dumm und kleingeistig. Doch darüber wurde dieser Tage schon genug geschrieben (zum Beispiel hier). Viel spannender ist es, mal Falcos, also Hans’, also Österreichs, also unseren Rang in der Welt kennen zu lernen, wie er im konkreten Fall von außen bemessen wird.
Das passiert nämlich selten, weil ein One Hit Wonder – und das war Falco mit „Rock Me Amadeus“ für den Rest der Welt – kaum in den Pop-Annalen Niederschlag findet. Und weil es so selten ist, stößt man auch nur durch Zufall darauf. Es war bei der Lektüre des Romans „Eine zu 85% wahre Geschichte“ von Chuck Klosterman. Der Autor ist in den USA ein recht angesehener Rock-Journalist, er schreibt für Spin, das New York Times Magazine, die Washington Post. Und er schildert in diesem Buch eine Fahrt durch die USA, wo er jene Orte besucht, an denen berühmte Rockmusiker ihren unfreiwilligen Tod fanden. Wo Lynyrd Skynyrds Flieger in den Sumpf stürzte. Wo sich Kurt Cobain erschoss. Und so weiter, und so fort.
Es ist ein recht unterhaltsames Buch, kein Meilenstein, aber durchaus zu empfehlen für Freunde von nutzlosem Pop-Wissen und dem verkorksten Liebesleben eines Mittdreißigers aus der Provinz des Mittleren Westen, der sich in den Metropolen nicht wohl fühlt, in die ihn sein Beruf zwangsläufig getrieben hat.
Aber um nicht zu weit abzuschweifen: Klosterman schiebt in seinem Buch auf Seite 125 eine launige Liste ein. Genannt: „Zehn Opfer des Rock’n’Roll, über die man nie spricht, obwohl man eigentlich sollte, weil ihr Schicksal einen erzieherischen Wert besitzt (und außerdem ein gutes Gesprächsthema für Dinnerpartys liefert)“
Teil dieser Liste – aufmerksame Leser der vorherigen Zeilen wird es nicht überraschen – ist auch Falco. Klosterman geht wegen seines Berufs, wegen seines enzyklopädischen Pop-Wissens und wegen seiner recht offenen Weltsicht, die er in dem Buch verrät, als ganz guter Experte für eine Außensicht auf Falco durch. Und was er über ihn schreibt, geht so:
„Jeder in Amerika hält Falco für einen lächerlichen One Hit-Rockerwitz aus Wien, der nur für eine einzige extravagante Single berühmt ist, für „Rock Me Amadeus“ von 1986. Die Europäer fanden jedoch, dass er eine Art umstrittenes Genie war. (…) In den neunziger Jahren wollte Falco den omnipräsenten österreichischen Medien entfliehen und lebte wie ein Sultan in der Dominikanischen Republik, wo er 1998 starb, als sein Mitsubishi Pajero von einem anderen Auto gerammt wurde. Die Moral: Europäer haben in jeder Hinsicht einen grauenhaften Geschmack.“
Zitat Ende. Wer sich übrigens jetzt noch dafür interessiert, wie die in Amerika erfolgreiche Platte „Falco 3“ ebendort von der Kritik aufgenommen wurde, der darf dem amerikanischen Rolling Stone danken, dass dieser offensichtlich seine komplette Rezensions-Datenbank online verfügbar gemacht hat. 1986 schrieb dort nämlich ein Kritiker namens Rob Tannenbaum:„If Falco had disappeared after his 1981 hit „Der Kommissar,“ future archivists could have memorialized the Austrian singer on some Eurotrash Volume II compilation, and twenty years from now he’d be regarded as fondly as mid-Sixties comets like the Standells, the Music Machine and the Count Five are today. But one-hit wonders, like boxers and dictators, rarely retire gracefully. Falco’s third album is convincing only as an argument for toughening this country’s import-export laws. [weiter hier]“
So, jetzt bitte ich um faule Eier und Tomaten (pardon: Paradeiser) – und wünsche dem tragischen Jubilar alle Ehre, die ihm gebührt.