Jetzt also auch noch Kreisky. Und damit ist der Flut der ausgezeichneten und lobenswerten Veröffentlichungen aus Österreich dieser Tage nicht einmal annähernd Genüge getan, aber: Man kann sich erstens nichts alles anhören. Man muss zweitens nicht alles kennen. Man darf sich drittens ein wenig über dieses Manko hinweg retten, indem man auf diese wichtige und richtige Initiative verweist. Und man hat viertens ein Recht auf seine Hörgewohnheiten.
Denen kommen nun nach Attwenger und Ja, Panik eben Kreisky um Franz Wenzel besonders entgegen, über deren neues Album „Trouble“ vor allem eines gesagt gehört: Es ist ein großes Stück österreichische Rockmusik. Und so ungern man jemandem das Attribut „österreichisch“ umhängt, weil es einen vielleicht für ein Leben lang in die innere Provinz verbannt, so notwendig ist es hier: Diese hysterische Wut, dieses Auszucken, dieses exaltierte Greinen und Schimpfen, das sich dann doch zum perfiden Bekenntnis „Menschen brauchen Liebe“ durchringt – das kann nur Österreich hervor bringen.
Heiliger Zorn in einem katholischen Land
Und so verfehlt es auch ist, ambitionierte Rockmusik mit Texten voll poetisch kanalisierter Wut zu gesamtgesellschaftlicher Bedeutung zu verklären – das muss hier sein. Wir haben es hier mit richtiger Stimmungsmusik zu tun, die in heiligem Zorn von einem katholischen Land erzählt. In diesem Land zählen nach Kreisky nur die Dummköpfe was. In diesem Land sind selbstverliebte Schauspieler der einzig gültige Maßstab in kulturellen Angelegenheiten. In diesem Land kennt der Wutbürger keinen übergeordneten Feind, sondern meuchelt höchstens die Familie.
Aber es macht selbstverständlich auch Spaß, wenn wie wie hier auf „Trouble“ jemand mit ironisch überhöhter Wut auf alle und jeden an diesem Land verzweifelt. Weil wer mittendrin ist, natürlich am schönsten das Nest beschmutzen kann. Und weil Selbsthass ohnehin verpflichtet.
Selbsthass verpflichtet
Wobei auch gesagt werden muss: Es ist nicht notwendig, „Trouble“ als Soundtrack zur inneren Lage zu hören. Es funktioniert auch so. Als grandiose Rockmusik mit ganz wenigen Akkorden. Als Nachweis, dass Franz Wenzel mittlerweile ein wirklich toller Texter ist. Als bestes Album des Landes bis nächste Woche das von Texta veröffentlicht wird. Wobei es sich dabei nur um eine Vermutung handelt. Ich kenne es ja noch gar nicht.
Foto: Ingo Pertramer/Promo