Nach ein paar Tagen wie diesen ist es einfach zu viel. Zuerst der schwarze Justizsprecher Heribert Donnerbauer , dem zur Debatte um die Rehabilitation von Wehrmachts-Deserteuren nur Gefasel einfällt, das die Generation über 70 glücklich macht („Desertion ist ein Delikt“) – also all die, die es bis heute nicht geschafft haben, mit den Lebenslügen ihrer Jugend umgehen zu lernen.
Dann die Erkenntnis, dass Donnerbauer damit aus der Sicht seiner Partei gar nicht einmal unrecht haben könnte, weil dieser Generation noch immer über die Maßen viel Relevanz zugestanden wird, nicht zuletzt durch ihr Zentralorgan „Kronen Zeitung“.
Dann der Hinweis eines Freundes, dass deren Kampfschreiber Jeannée wieder einmal ein besonders ungustiöses Stück gelungen ist (Details wollte ich dann gar nimmer wissen) und die Einsicht, dass dem Typen trotzdem bis heute niemand auf offener Straße eine runtergehauen hat.
Dann das zufällige Lesen dieses Textes von Gudrun Harrer über das Köche-Duo „Andi und Alex“, das wohl vor allem wegen seiner Widerlichkeit so beliebt ist. Ich behaupte auch: Am meisten bei der oben schon genannten Generation.
Dann ein Schulbeginn, der mit Warnungen vor der Schweinegrippe begleitet wird, anstatt endlich vor jenen zu warnen, die uns eigentlich gefährden – den Lehrern, die sich vor lauter Standesdünkel und eingebettet in ein Sicherheitsnetz vorsintflutlicher Strukturen und Privilegien erfolgreich gegen jede noch so sinnvolle Reform stellen können. Eine gute Analyse hierzu bietet übrigens das aktuelle profil.
Dann die kollektive Erleichterung, dass es das österreichische Nationalteam tatsächlich geschafft hat, die Faröer-Inseln zu panieren.
Und dann die Ankündigung, dass Armin Assinger eine neue Fernsehshow bekommt. „Das Rennen“ heißt sie. Assinger, der ehemalige Skifahrer, wird österreichische Promis für die Piste trainieren, damit sie dann gegeneinander ein Rennen fahren. In einem Land, das sich noch immer über Toni Sailer definiert, muss das ein Hit werden. Skilehrer-Schmäh gilt schließlich als ur-österreichische Errungenschaft. Skifahren dient der nationalen Selbstdefinition. Und je zotiger es in diesem Biotop zugeht, desto lustiger finden wird das.
Ja geht‘s eigentlich noch? Sind denn hier alle verrückt geworden?
Verrückt nicht, aber wahnsinnig bequem. Denn auch die andere Seite des Landes, die der potenziellen Gegner und Veränderer, hat es sich gemütlich gemacht. Sie akzeptiert und argumentiert auf Zuruf, dass es hoffnungslos sei, in Österreich etwas zu erreichen. Was bleibt, ist die Wellness-Revolte im urbanen Umfeld und unter Gleichgesinnten, die statt Wut höchstens mit Selbsthass reagieren, um ihre Oppositonshaltung herauszustreichen. Grün wählen und sich damit besser fühlen. Von multikulturellem Austausch träumen und dann die Kinder doch lieber in eine andere Schule geben. So irgendwie.
Dabei ist es gerade die Nabelschau und Richtigmacherei im Dienste des persönlichen Lifestyle, die Rattenfängern wie HC Strache die anderen in die Hände treibt. Strache hat sich schon lange von den Parolen für die Generation Toni Sailer verabschiedet, in deren Bann die ehemaligen Großparteien noch immer stehen. Er hat erkannt, dass es ein Protestpotenzial gibt. Und so lange er damit allein bleibt, werden ihm auch die zuströmen, die bereitwillig für andere, neue Bewegungen zu haben wären. Egal, ob sie nun Piraten oder sonstwie heißen.
In diesem Sinne hilft nur mehr der Filmausschnitt, den unser Mitblogger Michel Reimon kürzlich via Facebook verteilt hat. Er stammt aus Sidney Lumets „Network“ von 1976. Und er ist aktueller denn je.
[pro-player width=’530′ height=’428′ type=’video‘]http://www.youtube.com/watch?v=21SnnZvqEns[/pro-player]